© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/09 24. April 2009

Frisch gepresst

Post-Demokratie. Der Berliner Philosoph Volker Gerhardt scheint einer popularisierten Form der hegelschen Identifizierung von Vernunft und Wirklichkeit zu huldigen, wenn er unermüdlich in allen ihm zur Verfügung stehenden Medien wiederholt, daß das westliche Verfassungsmodell als Vollendung der langen Suche des Menschen nach einer „humanen“ Ordnung zu begreifen ist. Von diesem reichlich „emphatischen Demokratiebegriff“ gehen Karlheinz Weißmanns Reflexionen aus, um am Ende seines kritisch sondierenden Essays über „Post-Demokratie“ (Edition Antaios, Reihe Kaplaken, Schnellroda 2009, gebunden, 89 Seiten, 8,50 Euro) zu resümieren, daß es kaum Anhaltspunkte für eine derart optimistische, aus der Aufklärung abgeleitete Geschichtsphilosophie gebe. Konkurrierenden Angeboten, von seiten der „Libertären“ („zynische Sieger-Ideologie“) oder den Verteidigern des Nationalstaates, die mit der nationalen Souveränität auch die Demokratie gesichert sehen, sind für Weißmann allerdings auch nicht das Gelbe vom Ei und guter Rat scheint teuer, um die „kommenden militärischen und ökonomischen Auseinandersetzungen zu überstehen“.

 

Weichsel und Warthe. Im Oktober 1949 wurde die Landsmannschaft Weichsel-Warthe gegründet, um die politische Interessenvertretung der Deutschen aus Polen zu organisieren. Sechzig Jahre danach scheint die Kontur dieser Landsmannschaft in der Wahrnehmung des politisch überkorrekten Zeitgeistes gänzlich zu verschwimmen. Denn als „Deutsche aus Polen“ gelten vornehmlich in den Medien heute alle Deutschen, deren Geburtsort jenseits von Oder und Neiße liegt. Das zeugt von einer singulären, politisch aber geförderten Verkümmerung des historischen Bewußtseins. Es ist daher nur noch schwer zu vermitteln, daß es eine ausgedehnte, im 14. Jahrhundert begonnene deutsche Siedlung im polnischen „Kernland“ gab, die sich von Posen bis nach Galizien erstreckte. Nur die Provinz Posen mit ihrem deutschen Bevölkerungsanteil war seit 1815 Teil des preußischen Staates, von 1871 bis 1919 auch Teil des Deutschen Reiches. Diese deutsche Minderheit in Polen hatte, zusammen mit denen in Westpreußen und Oberschlesien, die durch das Versailler Diktat an Polen kamen, nach 1919 unter der repressiven Warschauer Politik am meisten zu leiden. Davon erfährt man in der jüngsten Ausgabe (55. Jahrgang) des „Jahrbuchs Weichsel-Warthe“ (Landsmannschaft Weichsel-Warthe, Hrsg., Wiesbaden 2009, broschiert, 176 Seiten, Abbildungen, 10,50 Euro) wenig. Immerhin in diesen Kontext gehören Beiträge zur „Posener Frage in der Weimarer Nationalversammlung“, „Kriegsbeginn 1939 im Kreis Fraustadt“ und „Deutsche in Wolhynien im Verlauf der Jahrhunderte“.   

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