© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/09 08. Mai 2009 Frisch gepresst Mythen. Herfried Münkler, Berliner Politologe, viel gefragter Entdecker neuer Kriege und instinktsicherer Begleiter feuilletonistischer Moden, nimmt die medialen Retrospektiven auf 2000 Jahre Deutschland zum Anlaß, um uns an Die Deutschen und ihre Mythen zu erinnern (Rowohlt Verlag, Berlin 2009, gebunden, 601 Seiten, Abbildungen, 24,60 Euro). Erinnern ist wörtlich zu nehmen, denn Münkler schreibt ein Geschichtsbuch. Nach 1945, so stellt er gleich mit dem ersten Satz klar, gelte zumindest die Bonner Republik als mythenfreie Zone. Diese Entwicklung habe sich dann in der Berliner Republik fortgesetzt. Die von dem Soziologen Heinz Bude kreierte Generation Berlin, die angeblich durch Nüchternheit und Vorsicht: Mythos! Risikokompetenz ausgezeichneten Politiker der Nachkriegsjahrgänge, seien nur noch auf die Gegenwart fixiert und hätten nichts übrig für die deutsche Geschichte und ihre Erzählungen. Im übrigen löse sich die eigentliche Trägerschicht des an die großen Erzählungen gebundenen nationalen Wir-Bewußtseins, das deutsche Bildungsbürgertum, in der weltoffenen Einwanderergesellschaft auf wie Zucker im Tee. Münkler kann also nur den Blick zurücklenken auf das, was vor 1945 gegolten hat. Daß er dabei mit einem gänzlich unscharfen und mechanistischen Mythos-Begriff hantiert, stört vor allem im Kapitel über den Preußenmythos und preußische Mythen. Der Kampf gegen Rom (Arminius, Theoderich, Luther) ist ein Abklatsch sehr viel gründlicherer Arbeiten über den Germanenmythos. Und die BRD hat denn doch mehr zu bieten als nur die zwei mythisierenden Erzählungen von Währungsreform und Wirtschaftswunder: nämlich jene früh demokratiewissenschaftlich zementierte Bonner Version des DDR-Antifaschismus, die nach 1989 durchaus staatsideologische Züge trägt und mythisierende Funktionen erfüllt.
Friedrich Schiller. Der Titel von Ehrenfried Kluckerts Das Alte stürzt, es ändern sich die Zeiten ein Tag im Leben des Friedrich Schiller führt gehörig in die Irre (Ein biographisches Porträt, Herder Verlag, Freiburg 2009, gebunden, 192 Seiten, Abbildungen, 17,95 Euro). Denn der badische Museumsdirektor will eben nicht das Dichterleben seines schwäbischen Nachbarn nach dem Muster Stefan Zweigs in einer Sternstunde komprimieren. Statt dessen knüpft er an seinen eigenen Schnellkurs Schiller an, der sich mit Peter-André Alt, Rüdiger Safranski & Co. kurz vor dem Jubeljahr 2005 in den Strom der Klassiker einschleuste. Geboten wird also eine mit lockerer Hand geschriebene, mitunter etwas zu romaneske Hinführung zu Leben und Werk, für den Leser, der einen möglichst leichten Zugang zu Friedrich Schiller sucht. |