© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/09 15. Mai 2009

Qualität aus der Region
Landwirtschaft: Heimisches Bier nach dem Reinheitsgebot ist nicht nur ein Spitzenprodukt, sondern auch ein ökologischer Segen
Volker Kempf

Die Qualitätsbrauereien Deutschlands stehen für eine Genußkultur, die weltweit ihresgleichen sucht“, sagte die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, kürzlich in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin bei der Verleihung des Bundesehrenpreises für herausragende Braukunst. Das klingt zunächst nach Pflichttermin für CSU-Politiker, denn im Freistaat sind mehr als 600 Brauereien ansässig – das ist fast die Hälfte aller deutschen Bierbetriebe. Doch angesichts der scheinbar unaufhaltsamen Globalisierung auch im Brauereigewerbe hat diese oftmals kleinteilige Produktion des Gerstensaftes segensreiche wirtschaftliche wie ökologische Auswirkungen.

In der Sparte Bier ist Deutschland mit seiner auf dem Bayerischen Reinheitsgebot von 1516 und dem heutigen Biersteuergesetz beruhenden Braukunst Weltspitze – im vergangenen Jahr wurden hierzulande 87,9 Millionen Hektoliter Bier konsumiert, etwa jede siebte produzierte Flasche wurde exportiert. Aber welche Biere sind innerhalb Deutschlands spitze? 190 Brauereien stellten sich mit 742 Bieren dem traditionsreichen Qualitätstest der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), der als der härteste der Welt gilt. Der unpassenderweise mit einem amerikanisierten Titel versehene „DLG-Bier-Guide 2009“ stellt die führenden Brauereien mit den besten Bieren und deren Geschmacksprofile vor.

Die Beste unter den Besten ist die im kurmainzischen Tauberbischofsheim ansässige Distelhäuser Brauerei. Sie erhielt den Ehrenpreis in Gold. Die seit 1876 existierende Brauerei gehört mit etwa 190.000 Hektolitern Jahresproduktion und ihren 147 Angestellten zu den Mittelständlern der Branche und liefert in einem Radius zwischen Frankfurt und Stuttgart, Würzburg und Karlsruhe aus – ökologisch bedenkliche lange Lieferwege gibt es nicht. 16 verschiedene Biersorten werden dort nach altem Brauverfahren ohne Zusätze hergestellt. Die Grundstoffe stammen alle aus der Region, deren Kulturlandschaft stellenweise vom Hopfenanbau geprägt ist.

Die Silbermedaille ging ebenfalls in das eher als Weinland bekannte Baden-Württemberg, nämlich zur Familienbrauerei Bauhöfer in Renchen-Ulm, die das „Ulmer“ Bier herstellt und 1852 gegründet wurde.

Insgesamt wurden in Berlin 18 Brauereien mit Ehrenpreisen versehen, zehn davon befinden sich entweder in Baden-Württemberg oder in Bayern. Die Liste der 18 Besten offenbart zudem, daß die auf internationaler Ebene mitspielenden großen Biermarken bei dem Qualitätswettbewerb keine Rolle spielten. Ökologen und Regionalisten wird das freuen. Denn damit wird unterstrichen, daß heimatliche Produkte nicht nur durch den mit ihnen verbundenen geringeren Verkehrsaufwand überzeugen, sondern auch in Sachen Qualität mehr als nur mithalten können. Und vielleicht hilft der Preis auch, den im ersten Quartal diesen Jahres um 6,8 Prozent zurückgegangenen Bierabsatz – wovon regionale Anbieter überdurchschnittlich betroffen sind – wieder zu stabilisieren.

DLG Bier Guide 2009: Ausgezeichnete Biere und Brauereien. Der Genußführer für deutsche Bierkunst. DLG Verlag, 112 Seiten, broschiert, 9,90 Euro

Eine Liste der Preisträger findet sich im Internet: www.dlg.org/bundesehrenpreis_bier.html

Foto: DLG-Preisträger mit Ilse Aigner (4.v.r.): Regionale Produktion und Nahverkauf vermeiden ökologisch bedenkliche lange Lieferwege

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