© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/09 29. Mai 2009

„Diese Affäre bringt uns den Durchbruch“
Interview: Nick Griffin, Chef der British National Party, sieht das Parteiensystem vor dem Umbruch / Gegen Einwanderung und für „mehr weiße Babies“
Moritz Schwarz

Herr Griffin, Affären gibt es in der Politik immer wieder, warum ist der jüngste Spesenskandal in Großbritannien anders?

Griffin: Normalerweise betrifft ein Skandal nur einen einzelnen, eine Gruppe von Politikern oder eine Partei. Aber diesmal sind es alle – alle Etablierten: Die gesamte etablierte politische Klasse hat hier Dreck am Stecken! Die Bürger sind mehr als zornig. Derzeit können die Wahlkämpfer von Labour und Tory es sich nicht einmal erlauben, bei den Wählern Klinken zu putzen, weil sie befürchten müssen, von wütenden Bürgern attackiert zu werden. Während unsere Leute inzwischen überall hingehen können, ohne etwas von den Bürgern befürchten zu müssen – ausgenommen natürlich die Viertel der Einwanderer, aber da gehen wir auch nicht hin.

Könnte wie in Italien 1993 das Parteiensystem zerbrechen?

Griffin: Leider wird es so weit wohl nicht kommen. Aber künftig werden mehr Parteien wie die BNP stärker beteiligt sein.

Wenn das Duopol der Etablierten nicht bricht, wird ein Wandel ausbleiben, egal ob künftig mehr Kleinparteien mit mehr Sitzen in Westminster einziehen.

Griffin: Ja, diese Affäre wird für uns nicht zur Macht führen. Aber sie wird uns den Durchbruch von der kommunalen auf die nationale Ebene bringen! Und: Die großen Parteien sind inzwischen hochverschuldet, vor allem Labour. Es könnte sein, daß sie pleite gehen und daran zerbrechen. Dann sähe die Situation anders aus.

Wie wird also die nächste Unterhauswahl – spätestens 2010 – ausgehen?

Griffin: Die Wahlbeteiligung wird zurückgehen. Es wird zu einem nationalen Prozent-Sprung für BNP und die Grünen kommen, was aber leider – wegen unseres Wahlsystems – nicht zu einem entsprechenden Zuwachs an Sitzen führt. Die Torys werden die Wahl gewinnen. Aber ihre Regierung wird nach etwa zwei Jahren an der Wirtschaftslage scheitern mit der Folge, daß die Torys für eine Generation jeden Kredit bei den Wählern verspielt haben werden. Für uns sind also nicht die nächsten Unterhauswahlen, sondern die übernächsten interessant. Das wird dann die Wahl die BNP werden!

Für die Europawahl am 7. Juni werden Ihnen etwa sieben Prozent vorausgesagt.

Griffin: Alle Vorhersagen unterschätzen unsere Erfolge, weil viele Bürger zu eingeschüchtert sind, um sich offen zu uns zu bekennen. Sie sagen, sie wählten die EU-kritische United Kingdom Independence Party (UKIP), tatsächlich aber machen sie ihr Kreuz dann bei uns. Wären die Wahlen gleich morgen, wir würden sicher zehn Prozent bekommen!

Die UKIP verweigert die Zusammenarbeit mit der BNP.

Griffin: Der Grund ist eine Kombination aus Feigheit, Selbstsucht und Ideologie. Denn tatsächlich stimmen viele UKIP-Leute im Grunde mit uns überein, vor allem was die Einwanderungsfrage angeht. Aber weil es politisch korrekt ist, grenzen sie sich von uns ab. Sie wissen, daß sie Ärger mit den Medien, etwa der BBC bekommen, wenn sie das nicht tun. Außerdem haben sie Angst vor Gewalt von linksaußen, daß man ihnen wie uns die Scheiben einwirft etc. Aber es gibt auch einen inhaltlichen Unterschied, sie sind zwar gegen die EU, aber für die Allianz mit den USA. Wir dagegen sind auch keine Atlantiker.

Spielt nicht Ihre Verurteilung wegen Holocaust-Leugnung eine große Rolle?

Griffin: Erstens, ich bin deshalb nicht verurteilt worden – man kann in Großbritannien dafür gar nicht verurteilt werden. Zweitens bezweifle ich nicht, daß die Nazis eine große Anzahl Juden aus dem Grund, weil sie Juden waren, ermordet haben. Das ist eine schlichte historische Tatsache. Was ich tatsächlich getan habe, ist, einige wirklich starke Worte zu äußern darüber, wie der Holocaust von Liberalen und Linken dazu benutzt wird, um zu verhindern, daß offen über die Folgen der Massenzuwanderung auf die Gesellschaft diskutiert wird. Verurteilt wurde ich für „Aufstachelung zum Rassenhaß“, weil ich mir erlaubt habe, die Einwanderung zu kritisieren und mehr weiße Babies zu fordern. Nun, lieber ein Gedankenverbrecher als ein Betrüger am Wähler.

Die BNP hat sich von ihrer Herkunft aus der mit dem Nationalsozialismus sympathisierenden National Front distanziert. Ihre Kritiker sagen allerdings, das sei nichts anderes als ein taktisches Manöver.

Griffin: Ich muß zugeben, daß die BNP diese Tendenz hatte, wobei ich nicht so weit gehen würde, es Sympathie zu nennen. Aber der Wandel seitdem ist echt. Heute haben wir uns von jeder politischen Vorstellung eines großen Machtstaates abgewandt und stehen für Distributionismus, eine Ordnung der kleinen politischen Einheiten nah am Volk.

Die BNP unterhält Kontakte zur NPD.

Griffin: Zum nationaldemokratischen Flügel, den Neonazi-Flügel dort lehne ich ab – und er lehnt mich ab.

Sie betonen, Nationalisten und keine Konservative zu sein.

Griffin: Auf jeden Fall, zwar haben einige konservative Werte, aber wir sind keine Konservativen. Unser Credo ist: Großbritannien sollte Sache des britischen Volks sein.

 

Nick Griffin, Jahrgang 1959, ist seit 1999 Vorsitzender der British National Party (BNP).

 

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