© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/09 29. Mai 2009

Frisch gepresst

Oskar Brüsewitz. Am 30. Mai dieses Jahres wäre Oskar Brüsewitz 80 Jahre alt geworden. Der streitbare Pfarrer hatte sich am 18. August 1976 in Zeitz öffentlich mit Benzin übergossen und angezündet, um die Unterdrückung der Christen in der DDR und die Lauheit der (evangelischen) Amtskirche anzuprangern. Seine Tat und ihr Motiv ging als das „Fanal von Zeitz“ in die Geschichte ein. Kurz nach seiner Selbstverbrennung war der Theologe seinen schweren Verletzungen erlegen. Brüsewitz zählt seitdem zu den Märtyrern im Kampf gegen den Kommunismus, gilt als Vorläufer der kirchlich getragenen Oppositionsbewegung gegen das SED-Regime. Gerade unter Konservativen genießt er wegen seines kompromißlos christlichen Bekennertums großen Respekt. Ein etwas anderes Bild von Oskar Brüsewitz zeichnet Renate Brüsewitz-Fecht in ihrem gerade erschienenen Buch (Das Kreuz und die Flamme. Der Fall Oskar Brüsewitz, Projekte-Verlag Cornelius, Halle 2009, broschiert, 111 Seiten, Abbildungen, 12,50 Euro). Die 1952 geborene Tochter entstammt der ersten, kurzen Ehe Brüsewitz’, als dieser einige Zeit im Westen lebte. Diese „erste“ Familie ist in allen bisherigen biographischen Darstellungen entweder übergangen oder aber – aus Sicht von Ex-Frau und Tochter – verzerrend geschildert worden. Brüsewitz-Fecht füllt derartige Lücken mit einer Vielzahl von Dokumenten: ob Scheidungsurteil oder Unterhaltsstreit, voneinander abweichende handschriftliche Lebensläufe oder Stasi-Berichte. Manche Polemik der Autorin ist angesichts ihrer Erfahrung als – gerade auch nach dem Tod des Vaters – alleingelassene Tochter nachvollziehbar. Ihre parabelhafte Darstellung des Lebens Brüsewitz’ mißglückt jedoch vollkommen.

Feldpost. Ein paar Jahre früher hätte ein Teil des „Materials“ von Petra-Martina Meier zweifellos Eingang in Walter Kempowskis „Echolot“ gefunden. Es handelt sich um knapp 300 Briefe ihres Vaters, des 1915 in Eisleben geborenen Berufssoldaten Heinz Meier, der am 16. April 1945 als Wachtmeister der Flak-Artillerie bei der Verteidigung von Pillau gefallen ist. Die Briefe an seine Verlobte und spätere Ehefrau Irmgard Winter setzen 1938 ein. Ihren Schwerpunkt finden sie in den Schilderungen von der Ostfront, an der der Absender noch kämpft, als er im Oktober 1944 über die Abwehrschlacht im Raum Gumbinnen berichtet. Aus der ganz unheroischen Landserperspektive Meiers ist es durchweg eine „traurige Zeit“, die er zu überleben wünscht – froh, wenn wieder einmal „ein Tag ohne besondere Ereignisse“ vorüberging (Es ist so kalt im Russenlande ... Brieftagebuch des Wachtmeisters Heinz Meier. 290 authentische Briefe aus dem Zweiten Weltkrieg, Haag+Herchen Verlag, Frankfurt/M. 2008, broschiert, 419 Seiten, Abbildungen, 22 Euro).

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen