© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/09 12. Juni 2009

Revolution im Klassenzimmer
Bildungspolitik: Unter Schülern und Studenten regt sich Widerstand gegen den von linken Organisationen geplanten Bildungsstreik
Hinrich Rohbohm

Der Protest soll deutschlandweit erfolgen. Und diesmal sollen es nicht nur die Schüler sein, die auf die Straße gehen und ihren Unmut über das Bildungssystem in Deutschland kundtun. Diesmal sind auch die Studenten mit eingebunden. Vom 15. bis 19. Juni wollen Schulen und Hochschulen gemeinsam ihren Protest auf die Straße bringen. „Bildungsstreik 2009“ ist das Stichwort, unter dem sich in zahlreichen deutschen Städten lokale Aktionsbündnisse organisiert haben.

Man will demonstrieren: gegen Studiengebühren und Sozialabbau. Schließlich seien „Umstrukturierungen aller Lebensbereiche nicht mehr gemeinwohlorientiert, sondern den Gesetzen des Marktes unterworfen“, wie es auf der Internetseite der Organisatoren des Streiks heißt. Sie nennen sich „Projektgruppe“ – ohne sich jedoch näher vorzustellen.

Die Liste ihrer Unterstützer ist lang, ihre Namen verschieden. Doch ihre Einseitigkeit wird schon nach kurzer Lektüre nur allzu offensichtlich. Sogenannte „Antifaschisten“, Alternative Liste, Sozialistische Jugend, Anarchistisch-syndikalistische Jugend, Assoziation marxistischer Studierender, attac, DGB-Jugend, Die Linke, GEW, Grüne Hochschulgruppen, Jungsozialisten, Linksjugend solid oder die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) lassen die politische Ausrichtung des geplanten Streiks schon jetzt deutlich werden.

Ähnlich war es schon im November vergangenen Jahres geschehen. Damals hatten Linksextremisten in Hannover die Bannmeile des niedersächsischen Landtags gestürmt und konnten nur durch ein starkes Polizeiaufgebot davon abgehalten werden, in das Landesparlament einzudringen. Der Vorsitzende des niedersächsischen Landesschülerrats, Patrick Ziemke, distanzierte sich von den Ausschreitungen. Teilnehmer, die dem linksextremen Spektrum angehörten und dem Antifa-Block zuzuordnen seien, hätten sich einfach an die Spitze der Demonstration gesetzt und den Protestzug in Richtung Landtag gelenkt, versuchte er die Eskalationen zu begründen.

Zweifel an dieser Distanzierung sind jedoch mehr als angebracht. Ziemke ist nämlich zugleich auch stellvertretender Landesvorsitzender der jungsozialistischen Schülergruppe. Und auch beim kommenden Bildungsstreik haben die Jungsozialisten offenbar keine Skrupel, sich in die Phalanx der Unterstützer gemeinsam mit gewalttätigen linksextremistischen Organisationen einzureihen.

Zudem war es auch in anderen deutschen Städten zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. In Berlin hatten Linksextremisten die  Humboldt-Universität gestürmt und verwüsteten eine Ausstellung über die Geschichte  jüdischer Unternehmen während der Zeit des Nationalsozialismus.

Unterdessen kündigt sich in Nord­rhein-Westfalen bereits Widerstand gegen den Streik an. „Die Schüler und Studenten, die ernsthaft und konstruktiv an der Verbesserung des Bildungssystems interessiert sind, sollten sich nicht vor den Karren dieser linken und linksextremen Gruppen spannen lassen“, warnt etwa Pascal Becker, NRW-Landesvorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS). Und der Landesvorsitzende der Liberalen Hochschulgruppe (LHG), Bodo Schadrack, gibt zu bedenken, daß beispielsweise in Düsseldorf „nur 1 Prozent der Studierenden bei der Vollversammlung zum Bildungsstreik anwesend waren“.

Das deutschlandweite Streikgremium buhle mit inhaltslosen und populistischen Forderungen um die Gunst der Schüler und Studenten und bediene sich dabei der Ängste der Lernenden, sind sich die beiden Studentenorganisationen einig. Becker verweist zudem auf die Studentenvertretungen Bonn und Duisburg-Essen, wo man den Bildungsstreik inzwischen boykottiert. „Bildungsstreik 2009 – Wir sind nicht dabei“, heiße es dort.

Auch die Schüler-Union hatte als Konsequenz aus Gewalttaten linksextremistischer Gruppen während des Schulstreiks im vergangenen Jahr ein hartes Eingreifen der Polizei gefordert. Dies wurde von den Jungsozialisten wiederum kritisiert. Die Junge Union solle sich von den Aussagen der Schüler Union distanzieren, war die bezeichnende Reaktion der SPD-Nachwuchsorganisation. „Wer die Polizei zu einem harten Einschreiten gegen DemonstrantInnen aufruft, zeigt schwere Mängel im Demokratieverständnis“, heißt es in einer Presseerklärung der Jungsozialisten, die die Forderung der Schüler Union als „Gewaltaufruf“ wertet.

Die Schülerproteste vom November vergangenen Jahres waren damals von dem Bündnis „Schulaction – Bildungsblockaden einreißen“ koordiniert worden. Das Bündnis war von der Jugendorganisation der Linkspartei „solid“ sowie der Jugendantifa und der kommunistischen Jugendorganisation „Revolution“ gegründet worden. Die Gruppen werden auch beim kommenden Bildungsstreik wieder mit dabeisein.

Foto: Schüler demonstrieren im Januar in Hannover gegen „Bildungsterror“: Mehr Geld für Schulen

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen