© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/09 26. Juni 2009

Nigel Farage. Der UKIP-Chef ist der Angelpunkt bei der Bildungeiner EU-Rechtsfraktion
Rechter Anführer
Michael Paulwitz

Undemokratisch, korrupt und ineffizient“, so definierte Nigel Farage im JF-Interview (JF 26/04) kurz und bündig die EU. Den Euro nennt er öffentlich einen „Völkerkerker“ und das Europäische Parlament eine „Propagandaagentur“ zur Verbrämung autokratischer Herrschaft. Der Chef der britischen Unabhängigkeitspartei UKIP (United Kingdom Independence Party), die bei der Europawahl zur zweitstärksten britischen Kraft geworden ist, läßt nichts aus, wenn es um sein großes Ziel geht: ein souveränes Großbritannien, das der EU den Rücken kehrt.

Seine Bühne ist das frisch gewählte Straßburger Parlament, wo Farage und seine zwölf UKIP-Kollegen nun zum Dreh- und Angelpunkt bei der Fraktionsbildung unter den am 7. Juni erstarkten europäischen Rechtsparteien avancieren.

Das UKIP-Programm ( www.ukip.org ) trägt die Handschrift Farages, der 2006 als Parteichef antrat, um mit straffer Führung das „Ein Thema“-Image der UKIP zu überwinden: eine attraktive Mischung aus freiheitlich-libertären Gedanken, Steuerprotest, Anti-Establishment, Kritik an Multikuli, Islamisierung und Political Correctness.

Da klingen skandinavische und niederländische Erfolgsrezepte an, aber auch eigene konservative Prägungen. Der 45jährige Londoner begann seine Karriere als Muster-Yuppie der Ära Thatcher: Vater Börsenmakler, teure Privatschule, danach lieber Geld machen an der Metallbörse als auf der Uni Zeit verschwenden. Tory-Mitglied wurde Farage schon als Schüler. Vor ihm lag ein sorgloses Leben zwischen Golfrasen und Börsenparkett. Doch nachdem John Major 1992 Maastricht unterzeichnet hatte, trat er aus und wurde ein Jahr später UKIP-Mitgründer.

Sein politisches Idol ist der große konservative Außenseiter Enoch Powell (JF 47/05), der 1968 prophetisch die bitteren Folgen der Masseneinwanderung beschworen hatte. Farage bekam einen Vorgeschmack, als seine Schule während der Rassenkrawalle von Brixton 1980 zur Polizei-Zentrale wurde. Als angriffslustiger Tabubrecher eifert er seinem Vorbild nach: Er konfrontierte Kommissionspräsident Barroso und Verkehrskommissar Barrot mit Korruptionsaffären und verheimlichten Vorstrafen und gab den Premiers Blair und Brown ebenso Kontra wie Prinz Charles für dessen „einfältigen“ Appell zum Klimaschutz.

Farage positioniert sich zwischen den etablierten Tories, deren Euroskepsis ihm zu weich ist, und der ruppigen British National Party (JF 23/09), von der er sich abgrenzt. Mit assimilierten Ausländern hat der in zweiter Ehe mit einer Deutschen Verheiratete kein Problem – für UKIP kandidieren Schwarze und Asiaten.

Affären prallen an Farage ab: Jawohl, er habe wie alle EU-Abgeordneten ein Millionen-Budget, aber er stecke es in politische Arbeit und nicht in die eigene Tasche. „Kein Politiker wie andere“, räumt selbst der linksliberale Guardian ein. Fast geniert man sich, als Deutscher in Straßburg nur von willigen Vollstreckern à la Brok und Schulz vertreten zu werden.

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