© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/09 03. Juli 2009

US-Rückzug aus dem Irak
Bombenstimmung
von Günther Deschner

Die Bomben krachen, Bagdad feiert trotzdem den „Sieg über die Besatzer“ – sechs Jahre nach dem Überfall der USA und dem Sturz Saddam Husseins. Doch die Feststimmung ist verfrüht. Erst vergangenes Wochenende hatte ein Attentäter auf einem Bagdader Markt zwanzig Menschen getötet. 72 Stunden später ließ Premier Nuri al-Maliki ein makabres Freudenfest feiern. Vorab hatte er den 30. Juni zum „Tag des Sieges“ und zum Feiertag erklärt. Dabei ist nur ein erster Schritt getan: Die US-Kampftruppen haben sich aus den Städten auf ihre Stützpunkte zurückgezogen – nächtens, um weniger Spott zu ernten. Sie werden als „Berater und Ausbilder“ im Land bleiben, schießen und patrouillieren dürfen sie nur noch auf irakisches Geheiß.

Für die innere Sicherheit sind Iraker zuständig – ein riskantes Unterfangen. Die Gesellschaft ist keineswegs mit sich im Reinen: Schiiten und Sunniten belauern sich argwöhnisch, im Nordirak, in Kirkuk und Mosul, stehen sich Kurden und Araber unversöhnlich gegenüber. Und Maliki zeigt Tendenzen, den unseligen Bagdader Zentralismus wieder einzuführen. So bitter es klingt: Es kann gut sein, daß sich die Einwohner der betroffenen Gebiete die Präsenz der Amerikaner bald zurückwünschen. Im Irak ist jedoch Wahljahr, da will Maliki nicht in den Ruf kommen, ein Lakai der Amerikaner zu sein.

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