© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/09 03. Juli 2009

Meldungen

Zwischenruf gegen populäre Parteienkritik

BERLIN. Den gegen den „publizistischen Stammtisch“ gerichteten „Zwischenruf“ des Berliner Politologen Wolfgang Merkel werden sich vor allem Funktionäre deutscher Ex-Volksparteien gewiß rahmen lassen (WZB-Mitteilungen, Heft 124/09). Jede Provinzpostille handelt die jüngsten Ergebnisse der „Europa-Wahl“ als Bestätigung der der These ab, die „Volksparteien“ stünden ohne „Volk“ da. Auch Merkel konzidiert, daß alle im Bundestag vertretenen Parteien seit 1990 eine Million Mitglieder verloren hätten. Damit lägen die Mitgliederzahlen aber immer noch über denen von 1950 oder 1960. Und auch die sinkende Wahlbeteiligung sei kein Grund, an der Legitimität des Parlaments zu zweifeln. Es gebe „kein gutes Argument“ dafür, daß die optimale Wahlbeteiligung zwischen 60 und 90 Prozent liegen müsse. US-Demokratieforscher hielten dies gar für eine „Überhitzung der Demokratie“, denn große Wählermobilisierung indiziere nicht Zufriedenheit, sondern „Unzufriedenheit und Polarisierung“. Im internationalen Vergleich könne die deutsche Entwicklung zudem als „Normalisierung“ verstanden werden. Und die schlechten Umfragewerte der Parteien? Für Merkel kein Grund zur Sorge. Stelle man nämlich nur die richtigen Fragen, fielen die Antworten positiver aus. Eine beruhigend große Wählermasse fühle sich demnach von den Parteien weiterhin hinreichend „repräsentiert“.

 

1919–1939: Destruktion der europäischen Mitte

PARIS. Anstelle des gewöhnlich stärker thematisch konzentrierten Inhalts bietet die jüngste Ausgabe von La Nouvelle Revue d’Histoire (Nr. 42/2009) eher einen bunten Strauß von Beiträgen zur Zeitgeschichte nebst einigen Ausflügen ins 18. und 19. Jahrhundert, die sich dem legendären Volkshelden Andreas Hofer und seinem Widerstandskampf gegen Napoleon, einem Schicksal aus den Tagen der Französischen Revolution sowie der Biographie des russischen Zaren Alexander I. (1777–1825) widmen, der den korsischen Eroberer ins brennende Moskau lockte. Daneben gibt der Herausgeber Dominique Venner Auskunft über die Thesen seiner soeben auf dem französischen Buchmarkt erschienenen Monographie zu Leben und Werk Ernst Jüngers, der für ihn für ein anderes Europäertum als jenes ökonomistische der Brüsseler Hochglanzbroschüren verkörpert. Schließlich sei noch auf einen Essay zu „De Gaulle, Frankreich und die Nato“ sowie ein Interview mit Stéphane Courtois hingewiesen, das Stalins „Volksfrontpolitik“ in den 1930er Jahren gilt und eine Brücke zum „Dossier“ in Sachen Versailler Nachkriegs-Unordnung („1919–1939. De L’espoir au désastre“) schlägt, die hier jedoch gegen die auch in Frankreich herrschende Deutung sans phrase als „Destruktion Mitteleuropas“ verstanden wird.

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