© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/09 10. Juli 2009

Frisch gepresst

Nachrichtendienste. Moderne Kriege werden nicht auf den Schlachtfeldern entschieden. Diese Lehre darf man aus der kompendiösen Darstellung von Günther K. Weiße über „Geheime Nachrichtendienste und Funkaufklärung im Zweiten Weltkrieg“ ziehen (Deutsche und alliierte Agentenfunkdienste in Europa 1939–1945. Ares Verlag, Graz 2009, gebunden, 511 Seiten, Abbildungen, 29,90 Euro). Der stattliche Band eines ersten Kenners der Materie, der zwischen 1964 und 2007 im Bundesministerium für Verteidigung und bei der Nato tätig war, belegt, daß eigentlich alle „Entscheidungsschlachten“ des zweiten großen Völkerringens im 20. Jahrhundert ihre nachrichtentechnische, weichenstellende Vorgeschichte aufweisen. Seit der partiellen Öffnung angelsächsischer Archive vor dreißig Jahren ist Kapitel für Kapitel des „elektronischen Krieges“ zeithistorisch erhellt worden. Dabei hat sich jedoch der Eindruck verfestigt – vor allem mit Blick auf den britischen „Kryptologen“ zu verdankenden Einbruch in die deutsche Enigma-Verschlüsselung und den daraus resultierenden Sieg in der „Schlacht um den Atlantik“ –, daß die deutsche Seite den Alliierten nichts Gleichwertiges entgegensetzen konnte. Hier bringt Weiße eine Reihe gewichtiger Korrekturen an. An der Qualität der deutschen Funkaufklärung ist demnach schwerlich zu zweifeln, aber unübersehbar ist auch, daß Heer, Luftwaffe und Marine ihr Wissen über die Pläne des Feindes nicht in operative Erfolge umsetzen konnten. Gegen Kriegsende klafft hier die Schere vollends auseinander, wenn Weiße etwa schildert, wie präzise die deutsche Heeres-Funkaufklärung im Dezember 1944 über den sowjetischen Aufmarsch an den Reichsgrenzen informiert war – und wie wenig dieses von Reinhard Gehlen den Strategen Guderian und Hitler auf den Tisch gelegte „Mosaikkolossalgemälde“ an der fatalen Entscheidung änderte, die besten Verbände nicht an Weichsel und Warthe zu plazieren, sondern in den Ardennen offensiv zu werden.         

 

Politische Korrektheit. Im November 2006 wurde der langjährige brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm aus dem Bundespräsidium der CDU hinausgewählt. Damit hatte sich die ehemalige bürgerliche Volkspartei ihres letzten konservativen Feigenblattes entledigt, um fortan eine nebulöse „Mitte“ zu bedienen. In einem ebenso treffsicheren wie scharfzüngigen Aufsatz hat Schönbohm jetzt die intolerante Gesinnungstyrannei der „politischen Korrektheit“ sowie linke Torheiten wie das Gender Mainstreaming mitsamt dem Neusprech ins Visier genommen (Das Schlachtfeld der Tugendwächter. Manuscriptum, Leipzig und Waltrop 2009, gebunden, 63 Seiten, 7,80 Euro). Merkel und von der Leyen würen darüber wohl nur verständnislos den Kopf schütteln.

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