© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/09 17. Juli 2009

UMWELT
Vertrauensverlust für Atomstrom
Volker Kempf

Das Atomkraftwerk Krümmel an der Elbe befand sich wegen eines Transformatorenbrandes bis zum 19. Juni für zwei Jahre nicht im Leistungsbetrieb. Danach kam es zu zwei weiteren Störfällen, was am 4. Juli zu einer Reaktorschnellabschaltung führte. Grund sei der Ausfall eines Maschinentransformators, hieß es. Seitdem steht das 1984 ans Netz gegangene AKW erneut still. Damit ist einmal mehr die Qualität deutscher Sicherheitstechnik unter Beweis gestellt: Sie funktioniert, selbst wenn die Reaktortechnik nicht funktioniert, weil letztere sich dann selbst abschaltet. Es gab deshalb ein Dutzend geplatzter Wasserrohre, ausgefallene Ampelanlagen und Stromausfälle im benachbarten Hamburg, aber das ist längst noch kein GAU. In punkto zuverlässige Stromversorgung fallen Atomanlagen damit aber hinter die Windkraft zurück. Denn so schnell, wie sich ein AKW abschaltet, flaut kein Wind ab.

Es zeugt schon von Leichtsinn, das Kraftwerk in einem Wahljahr trotz bekannter Probleme ans Netz zu schalten. Wenn der Ehrgeiz für einen ordnungsgemäßen Betrieb nicht einmal bis zur Bundestagswahl reicht, was soll dann erst danach werden? Oder sind den AKW-Betreibern die Bürger völlig egal, weil erstere überall ihre Finger im Spiel haben? So abwegig ist das nicht, wenn man bedenkt, was vor wenigen Wochen bekannt wurde: Das Atomlager Asse (JF 17/09) wurde als Forschungsanlage deklariert, der Atomwirtschaft aber zu kommerziellen Zwecken für ein Handgeld zur Verfügung gestellt. Die Atomtechnologie ist umstritten, aber solche Machenschaften wecken kein Vertrauen. Für Rot-Rot-Grün scheint Krümmel die letzte Hoffnung auf den Machtgewinn. Schwarz-Gelb hofft, daß der nächste Skandal um die Atomtechnologie sich erst nach der Bundestagswahl ereignet.

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