© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/09 21. August 2009

Marienburger Tote beerdigt
Deutsches Desinteresse
von Christian Rudolf

Die Toten aus dem Marienburger Massengrab haben ein würdiges, christliches Begräbnis erhalten, und das ist für jedes fühlende Herz ein Grund zur Zuversicht. Gottes Mühlen mahlen langsam, aber gerecht. Die Namenlosen, die zwischen Pferde- und Hundeleichen irgendwann 1945 wie Abfall verscharrt wurden, ruhen nun in gesegneter Erde, wie es für Menschen sein soll.

Die Freude wird allerdings getrübt bei einem Blick zurück auf die Angelegenheit als Ganzes. Da ist ein Marienburger Staatsanwalt, der nach Entdeckung der ersten Skelette die Ermittlungen nicht einleitet, sondern beendet. Da ist ein Archäologe, der zur Exhumierung mit Schaufelbaggern gute Miene macht. Da ist die Kommission zur Verfolgung von Verbrechen gegen das polnische Volk, die schließlich die Untersuchungen aufnimmt, aber nicht zuständig ist, weil die Toten Deutsche sind. Da ist weiter ein gerichtsmedizinisches Gutachten, das den Namen nicht verdient, weil die Knochen bloß in Augenschein genommen und sortiert wurden. Und schließlich die Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die sich an Spekulationen nicht beteiligen will, aber doch sicher ist, daß es sich um Kriegstote handelt. Bitterkeit schleicht sich ins Herz angesichts einer deutschen Politik, die das Schicksal unserer Landsleute mit komplettem Desinteresse übergangen hat.

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