© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/09 28. August 2009

Planmäßige Ausgrenzung
„Kampf gegen Rechts“: Nach dem Verbot der Heimattreuen Deutschen Jugend wenden sich linke Journalisten bündischen Gruppen zu
Mina Buts

Darf ein guter Pfadfinder heutzutage ein Zugabteil mit Jugendlichen vom Freibund teilen? Die Antwort lautet ganz klar: Nein, darf er nicht! Zu groß ist die Gefahr, etwas von dem Gedankengut, das im Freibund vertreten wird, könne auf die Pfadfinder übertragen werden.

So seltsam, ja, fast bizarr diese Diskussion anmutet, sie bestimmt zur Zeit jugendbewegte Versammlungen, zwingt zu außerordentlichen Treffen der Jugendbünde und spiegelt sich im Internet auf zwei quasi rivalisierenden Seiten wider: rechte-jugendbuende.de gegen buendische-vielfalt.de.

Auslöser war die nach dem Verbot der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) entstandene Diskussion, wo deren ehemalige Mitglieder nun möglicherweise Zuflucht suchen könnten. Und erneut fanden sich zwei umtriebige Journalisten, die sich gleich an die Arbeit machten, weitere vermeintlich „rechte“ Jugendgruppen ausfindig zu machen und zu diffamieren. Die Wahl fiel diesmal gleich auf mehrere Organisationen: Neben der Deutschen Gildenschaft sind dies auch der Sturmvogel, der Freibund und die Fahrenden Gesellen sowie der Deutsche Mädelwanderbund, dazu noch Institutionen wie die Burg Ludwigstein und eine Fülle von Privatpersonen, die gar nichts mit den genannten Bünden zu tun haben.

Schon im vergangenen Jahr waren auf jugendbewegten Veranstaltungen nicht angemeldete Fotografen aufgefallen, die sich trotz fehlender Erlaubnis anschickten, möglichst viele der anwesenden Teilnehmer auf Bildern festzuhalten und diese zu „katalogisieren“. Nun endlich wurde das Ergebnis dieser Arbeit von Maik Baumgärtner und Jesko Wrede in der Broschüre „Wer trägt die schwarze Fahne dort ...Völkische und neurechte Gruppen im Fahrwasser der bündischen Jugend heute“ präsentiert. Das Heftchen – angeblich mit einer Startauflage von 5.000 – war sofort vergriffen, eine zweite Auflage wird vorerst nicht erscheinen.

Wrede, Mitglied des Bundes der Pfadfinder und Pfadfinderinnen (BdP) aus Berlin, und Baumgärtner, ein Journalist, der vor allem in linken bis linksextremen Medien wie der Jungen Welt, dem Rechten Rand und indymedia veröffentlicht, tingeln nun durch die jugendbewegte Szene, um über die Gefahren aufzuklären, die von den von ihnen genannten Bünden und Personen ausgehen. So gab es im Frühjahr eine Tagung auf der Bildungsstätte Balduinstein zum Thema „Bündische gegen Extremismus“, bei der die beiden referierten. Mitglieder des Freibund durften dabei ausdrücklich nicht teilnehmen, eine angemeldete Besucherin aus der Deutschen Gildenschaft wurde nach einem Antrag vom weiteren Verlauf der Veranstaltung ausgeschlossen. Auch auf der Burg Ludwigstein waren die beiden jüngst zu Gast.

Protestschreiben an die Bundesfamilienministerin

Wrede und Baumgärtner (der vergangene Woche seine weitere Mitarbeit an dem Projekt aus Zeitgründen aufgekündigt hat) betreiben sowohl in ihrem Buch als auch bei ihren Vorträgen ein schwindelerregendes name-dropping:Jeder und alles von konservativ über national und völkisch bis hin zu nationalsozialistisch wird zu einem unentwirrbaren Knäuel verwoben, zum Schluß muß jeder Leser und Zuhörer zwangsläufig an eine große Weltverschwörung von „rechts“ glauben. Die beiden, so scheint es, wissen genau, was sich am rechten Rand der jugendbewegten Szene tut, und wenn die schriftlichen Belege mal fehlen – macht nichts, dafür hat man ja reichlich fotografiert.

Daß das Heftchen unglaublich schlampig recherchiert ist und sich grobe Sachfehler eingeschlichen haben, schadet dabei noch nicht einmal. Denn die Herausgabe des Buches erfolgt über die Arbeitsgemeinschaft Rechtsextremismus und Gewalt (ARUG) in Braunschweig, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Europäischen Union unterstützt wird. Die gleichzeitige Veröffentlichung von Broschüren der als verfassungsfeindlich eingestuften VVN-BdA in dieser Schriftenreihe stört offenkundig dabei nicht.

Etliche namentlich Genannte haben sich daher unterdessen in einem Schreiben an die zuständige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) gewandt, ihre konservative Grundhaltung innerhalb des jugendbewegten Spektrums durchaus bekräftigend, gleichzeitig aber ihre Zweifel an der demokratischen Gesinnung der Autoren und der ARUG äußernd. Ihnen wurde daraufhin erklärt, daß es „gerade die Zielsetzung des Projektes (sei), die traditionellen bündischen Jugendorganisationen für Aktivitäten aus solchen Teilen ihrer Bewegung zu sensibilisieren, die sich bemühen, mit erkennbar rechtsextremistischen oder völkisch-nationalen Inhalten Einfluß zu gewinnen. Dieses Ziel erfüllt das Projekt in vollem Umfang.“

Und tatsächlich ist das Projekt erfolgreich: Selten gab es eine solche Polarisierung innerhalb der Jugendbewegung. Pfadfinderverbände diskutieren mittlerweile offen die wirkungsvollsten Arten der Ausgrenzung konservativer Jugendbünde, die dann eben nicht mehr an traditionellen Singewettstreiten oder anderen jugendbewegten Veranstaltungen teilnehmen dürfen. Nur wenige hingegen plädieren für eine Vielfalt und Offenheit innerhalb der deutschen Jugendbewegung, so Alexej Stachowitsch, ein „Urgestein“ der Jugendbewegung und Gründer des Jungenbund Phönix, in seiner jüngst verfaßten „Werother Erklärung“.

Ob allerdings die vielen anhängigen Unterlassungserklärungen und -klagen gegen die beiden Autoren die Wogen innerhalb der Jugendbewegung glätten können, ist derzeit eher zweifelhaft.

Weitere Informationen im Internet unter www.buendische-vielfalt.de  und www.rechte-jugendbuende.de 

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