© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/09 28. August 2009

WIRTSCHAFT
Kleingerechnete Arbeitslosigkeit
Jens Jessen

Die offizielle Arbeitslosenzahl wird weiter geschönt (JF 24/08). Ausgewiesen wurden im Juli 3.462.000 Arbeitslose (Quote 8,2 Prozent). Im Vorjahresmonat waren es 3.210.000. Trotz rasanter Talfahrt der Realwirtschaft als Folge der Finanzkrise gibt es nur 252.000 Arbeitslose (0,5 Prozentpunkte) mehr? Eine Rückfrage bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) ergibt, daß 833.000 Arbeitslose nicht als arbeitslos registriert werden: 380.000 sind „Ein-Euro-Jobber“, ABM-Kräfte oder Arbeitnehmer mit einem Beschäftigungszuschuß. Arbeitslose in Weiterbildung machen weitere 221.000 aus. 145.000 Personen befinden sich in Eingliederungs-, Eignungstests- und Trainingsmaßnahmen. 56.000 Ältere in vorruhestandsähnlichen Regelungen werden ebensowenig mitgezählt wie 32.000 arbeitsunfähige Arbeitslose. Der Rest erfüllt weitere Sondertatbestände.

Zudem hat der Gesetzgeber das Sozialgesetzbuch (SGB) unter dem Stichwort „Aktivierung und berufliche Eingliederung“ so geändert, daß die 180.000 bisher von privaten Agenturen vermittelten Arbeitslosen ebenfalls aus der Statistik herausfallen. Die gesamte Unterbeschäftigung wird noch deutlicher, wenn diejenigen berücksichtigt werden, die zwar (noch) nicht arbeitslos, aber auf Förderung angewiesen sind: 1.259.000 Arbeitnehmer erhielten Kurzarbeitergeld (März-Zahlen) – Tendenz steigend. 137.000 Selbständige erhielten „Gründungszuschüsse“, 94.000 waren in Altersteilzeit. Das Kleinrechnen der Arbeitslosenstatistik hat nicht nur in Wahlkampfzeiten Hochkonjunktur. Realistischer ist daher wohl diese BA-Aussage: „Im Juli erhielten 5.982.000 erwerbsfähige Menschen Lohnersatzleistungen nach dem SGB III oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.“

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