© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/09 04. September 2009

Holger Zastrow. Das sächsische FDP-Wunderkind ist nun der Königsmacher in Dresden
Der liberale Rebell
Paul Leonhard

Wie Phönix aus der Asche ist die sächsische FDP in den letzten zehn Jahren wiedererstanden. Zu verdanken hat sie es Holger Zastrow, unter dem die Partei am Sonntag mit zehn Prozent die Zahl ihrer Stimmen fast verdoppelt hat und der jetzt der Königsmacher in Sachsen ist.

Der 40jährige Dresdner, der die damals bedeutungslose Partei auf Drängen Guido Westerwelles 1999 übernahm, hat die sächsischen Freidemokraten mit seiner – wie eine Zeitung treffend schrieb – „liberalen Jugendbrigade“ wieder aufgebaut. In der Tat war es die Jungliberale Aktion Sachsen ( www.julia-sachsen.de ), damals noch eher konservativ als liberal, mit der Zastrow seine politische Karriere 1990 begann. Sie stand auf Konfrontationskurs zu den alten Herren an der Spitze der FDP, die alles andere als eine einheitliche Partei war, sondern ein Sammelsurium, das vor allem aus ehemaligen Mitgliedern der Blockparteien LDPD und NDPD bestand. Unter liberal verstand seinerzeit jeder etwas anderes. Es war eine Zeit, als sogar bei den Leipziger Jusos die Deutschlandkarte mit den Grenzen von 1937 hing.

Als der ehemalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl Mitte der neunziger Jahre versuchte, die sächsische FDP rechts von der CDU zu etablieren, stellte sich Zastrow allerdings quer: „Dann sind wir keine liberale Partei mehr.“ 1999 schien die FDP ganz von der politischen Landkarte Sachsens zu verschwinden. Nur 1,1 Prozent erzielte sie bei den Wahlen. Dann ergriff Zastrow seine Chance: Er wurde Landeschef, setzte sich durch, versuchte die Nationalliberalen im Erzgebirge und im Vogtland zu integrieren.

Zastrow ist ein Werbefachmann mit eigener Public-Relations-Agentur. Wie diese – wird ihm mitunter vorgeworfen – führe er die Partei. Daran ist viel Wahres. Denn ins öffentliche Bewußtsein haben sich die Liberalen vor allem durch freche Plakate und die mangelnde Political Correctness ihres Vorsitzenden zurückgekämpft. Zastrow spricht Klartext – auch öffentlich; auch in dieser Zeitung, wo er sich mit Interviews, und sogar mit eigenen Beiträgen zu Wort meldete, etwa mit einem Nachruf auf Jürgen Möllemann (JF 25/03). Unter ihm wurde die FDP zu einer bürgerlichen Protestpartei. Er legte sich mit der CDU-Regierung ebenso an wie mit der Bundes-FDP. Wenn er lange Zeit an Möllemann festhielt, dann weil dieser wichtige liberale Grundsätze vertrat. Man habe von ihm gelernt, so Zastrow, sich auf die eigene Stärke zu besinnen, nicht nur Mehrheitsbeschaffer und keine Klientelpartei zu sein. Mit dem von ihm propagierten „sächsischen Weg“ will er die FDP zu einer Volkspartei machen.

Als er sie vor fünf Jahren zurück in den Landtag führte, reichte es noch nicht für eine Koalition mit der CDU. Jetzt ist die Zeit gekommen. Seine Partei, versicherte Zastrow, werde Sachsen vor „sozialistischen Träumereien“ bewahren. Wie es allerdings um seine wirtschaftliche Kompetenz außerhalb der Werbewelt bestellt ist, muß er noch beweisen.

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