© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/09 11. September 2009

Alex Jones. Der populäre Verschwörungstheoretiker ist ein Michael Moore von rechts
Der Info-Krieger
Martin Lichtmesz

Es ist „nur“ der achte, kein runder Jahrestag, und dennoch schlägt der 11. September 2001 immer noch in Bann, wie zahlreiche TV- und Pressebeiträge dieser Tage zeigen. Ein Grund dafür ist nicht zuletzt die anhaltende Diskussion um die „wahren Hintergründe“.

Einer der populärsten Zweifler an der offiziellen Darstellung der Ereignisse ist der Publizist und Dokumentarfilmer Alex Jones, der sich zuletzt allerdings der Aufdeckung eines ganz anderen „Schwindels“ gewidmet hat: Wer bisher nämlich dachte, daß Barack Obama ein kennedyartiger Messias ist, der die USA in ein superdemokratisches Shangri-La ohne Rassenhaß, soziale Ungleichheit, Terror und Kriege führen wird, der wird von Jones eines Besseren belehrt. Sein zweistündiger Film „The Obama Deception“, der in elf Folgen gestückelt auch mit deutschen Untertiteln („Die Obama-Täuschung“) im Netz kursiert, präsentiert den US-Hoffnungsträger als „Marionette der Hochfinanz“, mit deren Hilfe die USA langsam aber sicher in einen totalitären Polizei- und Überwachungsstaat umgewandelt werden sollen. Außerdem kann man bei Jones erfahren, wie all das mit der Wahrheit über 9/11, der CIA, der Bilderberger-Konferenz und der US-Bundesbank zusammenhängt. Mit einem Wort, Jones ist derzeit der ungekrönte König der Verschwörungstheoretiker.

Der 1974 in Texas geborene Alex Jones ist in der Tat davon überzeugt, daß die etablierten Medien im Dienste von gigantischen Verschwörungen stehen und „unseren Köpfen den Krieg erklärt haben“. Die wichtigste seiner vielen Internetseiten nennt sich folgerichtig www.infowars.com. Damit trifft Jones in der vom „Krieg gegen den Terror“ traumatisierten Post-Bush-Gesellschaft einen empfindlichen Nerv. Sein Radioprogramm „The Alex Jones Show“ hat angeblich bereits über zwei Millionen Hörer und seine Aufklärungsfilme finden über Kanäle wie Youtube massenhaft Verbreitung.

Jones ist wie Michael Moore ein geborener Showman, der sich sein eigenes alternatives Medien-Imperium errichtet hat. Er inszeniert sich allerdings im Gegensatz zum linksliberalen Moore als hemdsärmeliger, ehrlicher Konservativer und Patriot, der sich zum letzten Gefecht für die guten alten republikanischen Werte rüstet, als wäre er Gary Cooper im Angesicht des Armageddon. In seinen Videos macht er eher den Eindruck eines sympathischen Populisten als eines wirren Paranoikers.

Wer sich allerdings in das Arsenal von Jones’ „Informationskrieg“ begibt, wird sich schnell im Gestrüpp jenes grenzenlosen virtuellen Dschungels verlieren, der unterhalb der Trampelpfade des Konsens üppig wuchert. Dennoch führt wachsendes Mißtrauen gegenüber den Massenmedien gerade in den USA immer mehr Leute auf dieses Gelände. So kann man Alex Jones’ Erfolg als Symptom für eine tiefgreifende innere Unsicherheit und Zukunftsangst der Amerikaner sehen, die auch in Barack Obamas angeblichem „post racial America“ stetig zunimmt.

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