© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/09 11. September 2009

Zum Geleit
Martin Lichtmesz

Die Bücher Joachim Fernaus wurden zu seinen Glanzzeiten von Millionen Menschen gelesen. Sie galten der Mehrheit seines Publikums und den Feuilletons als bloße Unterhaltungslektüre, denen Ephraim Kishons vergleichbar, dem zweiten großen Zugpferd des Herbig-Verlags. Unter der schnoddrigen Narrenkappe verbarg sich jedoch ein unerbittlicher Zeitkritiker, der einmal gestand, daß alles, was aus seinem Herzen komme, „auf der Barrikade geschrieben“ sei.

In der Maske des „Spaßvogels“ erlaubte sich Fernau ungeheure Ketzereien gegen bundesrepublikanische Denk- und Sprachregelungen, deren Implikationen nur wenige verstanden. Armin Mohler war einer der ersten, die den tiefen Ernst hinter Fernaus Erzählermasken erkannten: „Cäsar läßt grüßen“ etwa nannte er „eines der bittersten und sicher das furchtloseste Buch, das ein Deutscher nach 1945 geschrieben hat“.

Dabei haben Fernaus Ironie und Spöttelei nichts mit jener nihilistischen Attitüde gemein, die die Dinge zu entwerten, zu relativieren und lächerlich zu machen sucht. Seine Verneinungen verbergen nur um so größere Bejahungen, die auch heute noch den Biedermännern des Zeitgeists skandalös erscheinen müssen, seine Respektlosigkeit ist die Kehrseite einer tiefen Demut.

Fernau war überzeugt, daß menschliche Größe etwas unendlich Kostbares, Seltenes und schwierig zu Erlangendes sei. Die Geschichte war für ihn eine Art „Katastrophe in Permanenz“ (Adorno), die nur gelegentlich durch geglückte, aber fragile Perioden unterbrochen wird. Auch das „Deutschsein“, Thema seines wohl schönsten Buchs „Disteln für Hagen“, ist alles andere als ein unproblematisches Erbe. Die Bejahung der „deutschen Seele“ und Geschichte durch alle Abgründe und den Bruch von 1945 hindurch ist eines von Fernaus zentralen Themen.

Der Reiz seiner eigentümlichen Mischung aus abgeklärter Distanz („Clio ist kalt wie eine Hundeschnauze“) und emotionalem Engagement ist bis heute ungebrochen; die Themen, die ihm, wie er es ausdrückte, „auf der Haut brannten“, sind so dringlich wie eh und je. Deswegen lohnt es sich, zumal für Jüngere, Joachim Fernau neu zu entdecken.

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