© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/09 18. September 2009

UMWELT
Birnentherapie mit Nebenwirkung
Volker Kempf

Es ist allzu menschlich, kurzfristig zu denken. Da dem so ist, kamen EU-Bürokraten auf die Idee, per Verordnung dafür zu sorgen, daß die in der Anschaffung günstige, aber ansonsten keineswegs energieeffiziente Glühbirne bis 2012 durch Kompaktleuchtstofflampen ersetzt wird. Diese ist in der Anschaffung teurer, sie zahlt sich durch ihre Energiesparsamkeit langfristig aber aus. Seit September ist die 100-Watt-Glühbirne von dieser Verordnung betroffen. Der Haken ist nur, daß die Sparlampen Quecksilber enthalten. Immer neue Aspekte dieses Nachteils werden mit der Konkretisierung des Vorhabens bekannt. So sollen vor allem diejenigen die Leidtragenden sein, die in den wiedereröffneten chinesischen Quecksilberminen arbeiten müssen. Denn Sicherheitsvorkehrungen werden dort sehr klein geschrieben. Auch in chinesischen Lampenfabriken sollen die Sicherheitsstandards völlig unzureichend sein, wie Umweltaktivisten aus dem Reich der Mitte berichten.

Die Folgen sind leicht auszurechnen: Schwermetallvergiftungen. Quecksilber sollte daher aus den Stoffkreisläufen ganz verbannt werden, doch dann wurde auf einmal der Klimaschutz wichtiger. Mit dem ökologisch angeblich „nachhaltigen“ Benzin war das ähnlich. Für den sogenannten Bio-Sprit müssen Energiepflanzen angebaut werden – doch dafür werden Regenwälder wiederum geopfert. Es werden Probleme an die Wand gemalt, deren Lösung dann mehr oder weniger symbolisch verfolgt wird. Nachteile der Behandlung werden wie die Nebenwirkungen auf dem Beipackzettel von Medikamenten überlesen. Wenn es neue Probleme gibt, werden diese wieder behandelt, sofern möglich. Ein ganzheitlicher Ansatz wäre vielversprechender als dieser blinde Aktionismus.

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