© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/09 18. September 2009

Meldungen

Evolutionstheorie und die verwaisten Gene

KIEL. Das Darwin-Jahr nimmt Thomas C. G. Bosch, Chef des Kieler Zoologischen Instituts, zum Anlaß, die Öffentlichkeit ausnahmsweise einmal auf deutsch über die neuesten Foschungsergebnisse zu unterrichten (CAU. Forschungen und Berichte der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 68/09). So erforschten seine Zoologen nämlich zuletzt „Evolutionäre Entwicklungsbiologie“, die Beziehungen zwischen den Prozessen der Individualentwicklung und den phänotypischen Veränderungen während der Evolution. Diese moderne Evolutionsforschung findet seit etwa 1980 vornehmlich in der Genetik und Molekularbiologie statt. Leitend ist dabei die Frage nach der Entstehung der Artenvielfalt angesichts der Tatsache, daß alle Organismen gleiche genetische Informationen benützen und dieser genetische „Werkzeugkasten“ schon zu Zeiten der „kambrischen Explosion“ allen Lebewesen zur Verfügung stand. Trotzdem konnte man bislang nicht vollständig klären, welche molekularen Mechanismen Art-Unterschieden zugrunde liegen. Boschs Mannschaft ist nun dabei, „verwaiste Gene“ als „Urheber“ artspezifischer Merkmale zu identifizieren. Trotz solcher Einblicke in das „Geheimnis der Entstehung komplexer Formen“ konzediert Bosch aber, daß Darwins Evolutionstheorie „noch lange nicht zu Ende gedacht“ sei.   

 

Ernst Jüngers Sehnsucht nach dem ganz Anderen

STUTTGART. Ähnlich wie Walter Kempowski steht Ernst Jünger im Ruf, ein vorzüglicher Chronist, aber ein lausiger Romancier zu sein. Jüngers Talentproben auf diesem Feld, „Heliopolis“ (1949) und „Eumeswil“ (1977), gelten als traktätlich-lederne, handlungsarme und spannungsfreie Thesenliteratur. Insoweit gleicht die jüngste „Eumeswil“-Analyse des in den USA lehrenden Germanisten Peter Uwe Hohendahl einer Ehrenrettung (Deutsche Vierteljahrssschrift für Literatur- und Geistesgeschichte, 2/09). Hohendahl liest Jüngers romaneske späte Weltdeutung vordergründig als „Beschreibung der Postmoderne“, einer Epoche, die für ihn „keine geschichtliche Dynamik“ mehr besitze, „sondern einen flachen zivilisatorischen Endzustand“ erreicht habe. Der „politische Klartext“ dazu scheine „Jüngers Festhalten an seiner alten rechts-konservativen Position“ zu bestätigen und das Gesamtbild des Gegenaufklärers zu vermitteln. Auf den zweiten Blick glaubt Hohendahl jedoch zu entdecken, wie sich der Text solchen politischen Reduktionen entzieht. Das „verborgene Zentrum“ von „Eumeswil“ sei „die Sehnsucht nach dem ganz Anderen, jenseits der mißlungenen Schöpfung“. Daher verzichte Jünger darauf, „für die Gemeinschaft der Menschheit in der Zukunft die Rettung zu suchen“, was sich auch als Abwendung vom „konservativen intellektuell-kulturellen Milieu“ verstehen lasse.

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