© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/09 16. Oktober 2009

Stichworte eines Einzelschreibers
Michael Klonovsky legt einen Kolumnen-Band vor
Thorsten Thaler

In der schreibenden Zunft gehört Michael Klonovsky zu jenen Talentgesegneten, die zu lesen stets Gewinn verspricht, gleichviel ob er journalistische Texte – im Hauptberuf arbeitet Klonovsky  seit 1992 beim Nachrichtenmagazin Focus – oder literarische hervorbringt. Sein Roman „Land der Wunder“ (2003) beispielsweise gehört zum besten, was deutsche Literaten in der Nachwendezeit zustande gebracht haben. Daß er von der Kritik weitgehend vernachlässigt worden ist, spricht einzig gegen einen Literaturbetrieb, der sich dem Immergleichen verschrieben hat. Ebenso blieben sein Aphorismen-Band „Jede Seite ist die falsche“ (JF 43/08) und sein Porträt des italienischen Opern-Komponisten Puccini (JF 8/09) von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Auch für diese beiden Bücher gilt: sehr zu Unrecht.

Andererseits: Wollte eine einzelgängerische Seele wie Klonovsky, dessen Internetseite unter dem Motto „Friede den Gemeinplätzen – Krieg den Moden!“ steht, überhaupt für die Masse schreiben? Ist er nicht eher ein Autor für jenes „versprengte Häuflein von inspirierten Nichteinverstandenen“, von denen Botho Strauß einst raunte, sie seien „für den Erhalt des allgemeinen Verständigungssystems unerläßlich“. Auf diese Idee zumindest kann kommen, wer seinen soeben erschienenen Kolumnen-Band „Lebenswerte“ zur Hand nimmt. Klonovsky widmet sich darin radikal subjektiv Dingen, die ihm wichtig sind, denen er eine Bedeutung beimißt, für die es sich zu leben lohnt. Die Stichworte reichen von Deutschland bis High-heels, von Bildung bis Brüste, Kinder bis Klaviere und von Oper bis Orgasmen, dazu gibt es Kapitel über Filme, Malerei, Bücher, Sprachen, Manieren, Wein und Radfahren und etliche andere. Insgesamt sind es einunddreißig Texte, von denen zwanzig auf Kolumnen fußen, die Klonovsky für das libertäre Monatsmagazin eigentümlich frei geschrieben hat.

Natürlich geht es dabei zuweilen höchst unkorrekt und amüsant zu. Kostprobe: „Im Bund mit dem Terrorismus der sogenannten Freizeitmode hat die feministische Propaganda hierzulande Verheerungen angerichtet, neben denen sich die Abholzung der Regenwälder mitunter wie ein Kavaliersdelikt ausnimmt.“

Oder: „Nur in einer Welt eklatanter Niveau-Unterschiede vermag das Leben zu fließen und sich zu entfalten. Es kann gar nicht genug Ungleichheit geben.“

Zu den Lebenswerten, über die Michael Klonovsky selbst leider nicht schreiben kann, gehört dieser: Klonovsky lesen.

Michael Klonovsky: Lebenswerte. Lichtschlag Buchverlag, Grevenbroich 2009, gebunden, 176 Seiten, 19,90 Euro

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