© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/09 23. Oktober 2009

UMWELT
Grüne Wandlungen
Michael Howanietz

Daß der ehemalige Vizekanzler und Bundesaußenminister mit seiner Beratungsfirma Joschka Fischer & Co. künftig BMW in den Bereichen Nachhaltigkeitsstrategie und Ökobewußtsein der Mitarbeiter berät, dürfte seine einstigen grünen Mitstreiter kam aufregen. Fischers sonstige Aktivitäten dürften Umweltbewegten weniger gleichgültig sein, etwa die Beratertätigkeit für den Energiekonzern RWE, das Nabucco-Pipeline-Projekt und schließlich – so berichtete das Manager Magazin – künftig möglicherweise auch für das umstrittene Sahara-Solarprojekt Desertec. Denn nach Meinung von Umweltexperten gehen dem dringend erforderlichen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energieträger in Europa durch den Bau von Nabucco nicht nur die für die Leitungserrichtung aufgewendeten acht Milliarden Euro dauerhaft verloren.

Weitere vier Milliarden sind nötig, um die über 3.300 Kilometer Rohrstrecke vom Kaspischen Meer nach Mitteleuropa wenigstens zur Hälfte auszulasten und den Zugriff auf – vage – in Aussicht gestelltes turkmenisches Gas überhaupt zu ermöglichen. Für das Desertec-Projekt, das ab 2020 Solarstrom von Nordafrika nach Westeuropa transportieren soll, wird gar mit Kosten von über 200 Milliarden Euro gerechnet. Die europäische Abhängigkeit von Energieimporten aus politisch instabilen Regionen wird so aber nicht reduziert. Ressourcenschonung und Versorgungssicherheit bringt keines der genannten Großprojekte – wohl aber viel Geld: sicher auch für den geschäftstüchtigen Ex-Revoluzzer, dem alleine die Beratung für Nabucco angeblich eine sechsstellige Summe einbringen soll. Was interessieren da Umweltbedenken? Es war schließlich auch „Joschka“, der den ersten Krieg mit deutscher Beteiligung nach 1945 zuließ.

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