© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/09 06. November 2009

Margot Käßmann. Ist die Nachfolgerin Bischof Hubers die richtige Wahl?
Merkelder EKD
Eckhard Nickig

Ihre Wahl zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland war wohl ohne Alternative. Denn mit dem scheidenden Wolfgang Huber hatte die EKD ihr intellektuelles und theologisches Pulver bereits verschossen. Bei jedem anderen Nachfolger wäre der Rückschritt zu offensichtlich gewesen. Doch mit der hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmann als der ersten evangelischen „Päpstin“ konnte die EKD auf den Zauber eines neuen Anfangs setzen.

Ähnlich wie die „Päpstin“ in dem soeben verfilmten Roman von Donna W. Cross verbrachte Käßmann ihre Lehrjahre in Fulda, wo sie als Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages amtierte und sich mit ihrem Mann eine Pfarrstelle teilte. Doch anders als die Romanheldin mußte sie ihr Frausein nicht verstecken, es sollte ihr vielmehr stets zum Vorteil gereichen. Ihren Aufstieg begann sie, 1958 in Marburg geboren, bereits als 25jährige im Zentralausschuß des Weltkirchenrates. Dort wurde sie vom späteren Generalsekretär Konrad Raiser gefördert, der auch ihre Doktorarbeit „Die eucharistische Vision. Armut und Reichtum als Anfrage an die Einheit der Kirche in der Diskussion des Ökumenischen Rates der Kirchen“ betreute. Nach fast zwanzig Jahren verließ sie den Zentralausschuß 2002 aus Protest, weil er dem Druck der konservativen orthodoxen Kirchen nachgab, auf ökumenische Gottesdienste zu verzichten.

In ihrer Medienpräsenz steht Käßmann ihrem Vorgänger Huber in nichts nach. Davon blieb auch ihr Privatleben nicht verschont. Ihre Brustkrebserkrankung und die Scheidung von ihrem Mann nach 26 Ehejahren mußte die Mutter von vier Töchtern als Medienspektakel über sich ergehen lassen. Käßmann äußert sich zu so vielen Themen, daß darunter fast zwangsläufig auch einige positive Stichworte für konservative Protestanten sind – etwa daß die Zehn Gebote ethischer Leitfaden sind oder im interreligiösen Dialog Jesus Christus nicht verleugnet werden darf. Ähnlich wie Angela Merkel in der Politik hat die neue EKD-Chefin für nahezu jeden in der Kirche etwas im Angebot.

Eine große Freundschaft mit den Pietisten wird daraus freilich nicht werden. Zu sehr ist Käßmann dem Feminismus verpflichtet. So unterstützte sie die „Bibel in gerechter Sprache“, die den Heiligen Geist zur „heiligen Geistkraft“ verstümmelt. Das traditionelle Familienmodell wird von ihr abgewertet. Für den Krippenausbau macht sie sich stark, doch Eltern, die ihre Kleinstkinder selbst betreuen wollen, gönnt sie keinen einzigen Euro Betreuungsgeld.

So gut ihre Medienauftritte auch ankommen, so sehr bleibt sie als Predigerin geistlich-theologisch an der Oberfläche. Ihre erste Predigt nach der Wahl zur EKD-Chefin im Reformationsgottesdienst geriet zu einem freundlichen, aber faden Appell für eine bessere Welt durch christliche Hoffnungsträger. Dieser Kirchentags-Sprech dürfte wohl nicht ausreichen, um die von Mitgliederschwund gebeutelte EKD wieder attraktiver zu machen.

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