© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/09 06. November 2009

Gold, das Investment für Selbstdenker
Vermögen: Das Edelmetall bringt keine Zinsen, sein Preis schwankt – dennoch sollte jedes Portfolio ein paar Münzen oder Barren besitzen
Bruno Bandulet

Während ich dies schreibe, ist es genau 30 Jahre her, daß ich damit begann, einen monatlichen Informationsdienst mit dem Schwerpunkt Gold herauszugeben. Seitdem fasziniert mich das ewige Metall, weil es eine Kombination von Eigenschaften aufweist, die kein anderes Investment bietet, weil sich sein Preis immer wieder an der Nahtstelle zwischen Politik und Finanzwesen bildet und weil die Beschäftigung mit dem Goldmarkt – eine ständige Schule des Realismus – mißtrauisch macht gegen Ideologien jeder Art und gegen den Machtanspruch der herrschenden Klasse.

Und ich hatte in diesen Jahren das Privileg, eine besondere Spezies von Investoren kennenzulernen, die kleine Minderheit der Goldanleger. Nie habe ich einen getroffen, der sich im politischen Spektrum links eingeordnet hätte. Goldanleger sind notorische Selbstdenker, immun gegen den grassierenden Gleichheitswahn und zutiefst skeptisch gegenüber offizieller Propaganda und veröffentlichter Meinung. Kein Wunder, denn Gold ist das Investment der Freiheit und des Individualismus. „Wenn Sie sich entscheiden müssen“, so schrieb einmal der irische Literaturnobelpreisträger George Bernard Shaw – der seinerseits freilich als prominentes Mitglied der Fabian Society dem Sozialismus zuneigte –, „ob Sie Ihr Vertrauen in die Regierung oder in Gold setzten, dann, meine Herren, rate ich Ihnen dringend dazu, sich für Gold zu entscheiden.“

Was mußten die Deutschen in den vergangenen hundert Jahren nicht alles über sich ergehen lassen: zwei Weltkriege, zwei Währungsreformen, eine Hyperinflation und 2008 einen Finanzcrash, der nahe daran war, das Bankensystem zu zerstören und mit ihm die Spareinlagen und dessen Hypothek in einem Schuldenberg besteht, der nicht mehr rückzahlbar ist und nur noch durch Inflation entwertet werden kann.

Mit Gold war man in diesen hundert Jahren nicht schlecht bedient, man konnte finanziell überleben. Die Fünf-, Zehn- und Zwanzig-Goldmarkstücke des Deutschen Kaiserreiches bis 1915 haben ihren Wert immer behalten – das seinerzeitige Papiergeld war hingegen schon Ende 1923 wertlos. 1924, nach dem Ende der Hyperinflation, als der in Geldwerte investierte deutsche Mittelstand alles verloren hatte, lag die Kaufkraft des gelben Metalls immer noch auf dem Niveau von 1918.

Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre stieg seine Kaufkraft mitten in der Deflation. 1950, nach Gründung der Bundesrepublik, konnte man hierzulande mit derselben Menge Gold sogar mehr kaufen als zum Ende des vorherigen Jahrhunderts. Oder vergleichen Sie nur einmal ein Investment in den Deutschen Aktienindex (Dax) oder eine Festgeldanlage in Euro seit Beginn dieses Jahrzehnts mit einer Goldanlage, die noch dazu steuerfrei war.

Gold ist nicht alles, aber ohne Gold ist alles nichts. Es stabilisiert jedes Portfolio, mit Gold kauft man eine Versicherung, ohne die eingezahlten Prämien zu verlieren, wenn der Katastrophenfall nicht eintritt. Das ist wohlgemerkt kein Argument gegen andere Anlagen. Es gibt Jahre, in denen sich Aktien lohnen, aber garantiert konkurssicher sind nur wenige. Auch Immobilien sind Sachwerte, die – je nach Lage – gegen die Geldentwertung schützen können, aber sie sind manchmal schwer verkäuflich, und selbst der heutige deutsche Rechtsstaat greift massiv in die Eigentumsrechte ein.

Diamanten sind sogar leichter zu transportieren und zu verstecken als Gold, aber die Spanne zwischen An- und Verkauf kann ein Drittel des Werts ausmachen. Anleihen bringen Zinsen, aber was hat der Besitzer davon, wenn sie nach Steuern und Inflation real nichts abwerfen und mit der Zeit immer weniger wert werden. Gold ist tatsächlich der einzige effiziente Markt für einen homogenen, mobilen, fungiblen und international akzeptierten Sachwert. Daß die USA, obwohl sie immer wieder versucht haben, Gold schlechtzureden und den Preis zu manipulieren, 77 Prozent ihrer Reserven in Gold halten (und Deutschland 69 Prozent ), sollte zu denken geben.

Solange die Zinsen kaum über oder sogar unter der Inflationsrate liegen, solange keine einzige der ungedeckten Währungen (auch der Euro nicht!) als dauerhaft solide gelten kann und solange das Weltfinanzsystem krisenanfällig bleibt, wird Gold gefragt sein und im Trend teurer werden. Immer nach dem Muster: zwei Schritte vor, einen Schritt zurück. Normalerweise verläuft das so, daß die Preise nach dem Ende der Sommerpause anzuziehen beginnen, daß sie ihr Jahreshoch im Winter, vorzugsweise im ersten Quartal, erreichen, daß dann die spekulativen Marktteilnehmer nervös werden und Kasse machen, bis schließlich im Verlauf des Sommers Ruhe einkehrt und ein neuer saisonaler Zyklus starten kann.

Auf die Frage, warum Gold in jedes konservativ geführte Portfolio paßt, gibt es drei einfache Antworten: Es geht nie pleite, es schützt vor der Inflation, und es dient als Absicherung nicht nur gegenüber dem Dollar, sondern vor allem gegen den Ruin der eigenen Währung.

Das alles wäre nicht vorstellbar, wäre Gold beliebig vermehrbar wie Papier- und Buchgeld. Eine Banknote zu drucken, kostet ein paar Cents, eine Unze Gold aus der Erde zu holen, im Schnitt um die 800 Dollar – wenn man alles zusammenrechnet, einschließlich Abschreibung, Steuern, Explorationskosten und Investitionen in die Mine. Daraus folgt, daß der Goldpreis weit über die Marke von 1.000 Dollar klettern müßte, damit die weniger ergiebigen Goldgruben rentabel werden und erschlossen werden können. Und selbst dann dauert es an die zehn Jahre, bis ein großes Bergwerk den Betrieb aufnehmen kann.

Die weltweite Goldförderung wird unter diesen Umständen für absehbare Zeit um oder unter 2.500 Tonnen jährlich stagnieren oder sogar weiter abbröckeln. Positiv zu werten ist auch, daß die substantiellen Goldverkäufe der Schweizerischen Nationalbank abgeschlossen sind, daß die anderen europäischen Notenbanken zunehmend weniger veräußern und daß andererseits in Asien großer Nachholbedarf besteht: Gold macht bislang nur 2,3 Prozent der japanischen und nur 1,9 Prozent der chinesischen Devisenreserven aus!

Aus zwei Gründen wird China zu einem Zukunftsthema für den Goldmarkt: Zum einen wird die Regierung in Peking ihren Goldbestand nach und nach aufstocken wollen, um die Dollar-Lastigkeit ihrer Devisenreserven zu verringern. Und zum anderen sind auch die chinesischen Bürger immer noch stark unterinvestiert. Bisher waren die Inder nicht nur die größten Goldbesitzer weltweit, sondern auch Jahr für Jahr die wichtigsten Käufer. Im ersten Halbjahr 2008 wurde zum ersten Mal in China mehr Gold abgesetzt als in Indien – auch wenn es noch dauern dürfte, bis Indien dauerhaft auf den zweiten Platz absteigt.

In der Finanzpresse macht Gold jetzt öfter Schlagzeilen, saturiert ist der Markt dennoch nicht. Auch in Deutschland liegt der Goldanteil an den Portfolios immer noch weit unter dem Stand von 1980. Gold ist, was immer vergessen wird, ein kleiner Markt. Weltweit wurde 2008 für ganze 32,4 Milliarden Dollar in Barren, Münzen und Goldfonds (ohne die Goldaktien) investiert. Das war nicht mehr als ein rundes Drittel des Börsenwerts der Aktie von Goldman Sachs. Im Vergleich dazu kommen 2009 neue Staatsanleihen für schätzungsweise 5.500 Milliarden Dollar auf den Markt. Die Schere klafft immer weiter auseinander – und genau dies ist der Stoff, aus dem die Goldphantasie gemacht ist.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des Informationsdienstes „Gold&Money Intelligence“.

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