© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/09 13. November 2009

Meldungen

Keine „Nischendelikte“: Umweltmafia kassiert

LEINFELDEN. Daß sich, wie wir seit Bert Brecht wissen, kriminelle Energie rascher bezahlt macht und mehr Geld in die Kasse fließt, wenn man eine Bank gründet, statt eine auszurauben, scheinen die aktuellen Quartalszahlen etwa von Krisengewinnern wie Goldman Sachs zu bestätigen. Aber selbst ohne über den Beitrag von Investmentbanken zur Finanzkrise zu polemisieren, steht zumindest felsenfest, daß Wirtschaftskriminalität die bei weitem lukrativsten Profite verspricht. Dies veranschaulicht eine Reportage von Thomas Weidenbach und Heinz Greuling, die sich dem „Zweigbetrieb“ Umweltkriminalität widmen (Natur+Kosmos, 11/09; aktuell als Mehrteiler „Eco Crimes“ von der ARD ausgestrahlt). Umweltverbrechen seien seit langem kein „Nischendelikt“ mehr, sondern ein Milliardengeschäft. Der jährliche Schaden durch den Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten, illegale Fischerei, Giftmüllexport und den Verkauf von illegal gefälltem Holz beläuft sich auf vierzig Milliarden US-Dollar. Allein in die EU werde alljährlich immer noch für vier Milliarden Dollar Tropenholz aus illegalen Quellen importiert. Die Gegenwehr sei schwach, weil es an Geld, Personal und Technik fehle. Immerhin hellen die Autoren ihr düsteres Bild über die „Umweltmafia“ durch einige Erfolge australischer Fischereischützer und indischer Kriminalisten auf, die kürzlich den „Paten des Tigerhandels“ verhafteten.

 

Anonyma: Triumph des weiblichen Geschlechts

STUTTGART. Berlin ist, wie zwischen Fontanes „Poggenpfuhls“ bis zu Döblins „Alexanderplatz“, seit dem Mauerfall wieder verstärkt als literarischer Ort entdeckt worden – nicht nur in einer die DDR bewältigenden „Nachwende-Literatur“, wie Daniela Puplinkhuisen findet (Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, Heft 155/09). Denn eine der spektakulärsten literarischen Inszenierungen der deutschen Hauptstadt nach 1989 führt weit zurück in die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs. Es handelt sich um die inzwischen mit Nina Hoss verfilmten (JF 44/08), anonym publizierten Notate einer Journalistin, die den Gewaltorgien der Sowjetsoldateska ausgesetzt war („Eine Frau in Berlin. Tagebuch-Aufzeichnungen vom 22. April bis 22. Juni 1945“, München 2005). In der formalistischen Deutung Puplinkhuisens tritt jedoch der historische Kontext wie die konkrete „Verortung“ des Tagebuchs in der „Kriegsstadt Berlin“ zurück. Statt dessen verengt sie das Diarium Anonymas auf die modische Gender-Perspektive. Denn deren „Schreibsituation“ sei von der „Umkehr der geschlechtlichen Rollenverteilung“ und dem Nachweis geprägt, daß sich das weibliche dem männlichen Geschlecht im „Untergang des Abendlandes“ als überlegen gezeigt habe.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen