© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/09 11. Dezember 2009

Eigentum und Recht und Freiheit
André F. Lichtschlag: Auszüge aus der Dankesrede des libertären Preisträgers

Ich möchte offen bekennen: Diese Auszeichnung erfüllt mich mit Stolz – echtem Stolz. Das darf man ruhig zugeben in einem Land, in dem, wie es jüngst der Philosoph Peter Sloterdijk in seinem „bürgerlichen Manifest“ ausdrückte, „stolzartige Regungen so völlig verlorengegangen sind“.

Ich möchte diese kleine Dankesrede nutzen, einmal persönlich auf das eigene Werden zurückzublicken. Dabei werden möglicherweise Verbindungen zur JUNGEN FREIHEIT, zu Gerhard Löwenthal und zu diesem Preis offenbar, die mancher bei einem libertären Träger eines konservativen Preises vielleicht nicht vermuten würde. (...)

Nach dem Abitur widmete ich mich intensiver politischer Lektüre. Das führte mich zum Bayernkurier, zum legendären Criticón und nach einem Tip dort zur gerade gegründeten JUNGEN FREIHEIT. Zum Beweis habe ich hier die Januar-Ausgabe 1989 mitgebracht. Ich zitiere aus der Leserbriefspalte, Seite 11. Dort schreibt ein André Lichtschlag aus Aachen wortmächtig und virtuos an die JUNGE FREIHEIT, damals noch in Freiburg: „Die Zeitung ist super!“ Und weiter: „Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir auch noch ältere Ausgaben der JUNGEN FREIHEIT zusenden könnten. Ein erfolgreiches Jahr 1989 wünscht Ihnen André Lichtschlag, Aachen.“  (...)

Was heißt das eigentlich, libertär? Man könnte es in der kurzen Formel „Freiheit durch Eigentum“ zusammenfassen. Oder: In gewisser Weise ist libertär schlicht eine Mischung aus Franz-Josef Strauß und John Belushi, aus konservativen und anarchischen Elementen also, veredelt mit den wirtschaftlichen Erkenntnissen der Österreichischen Schule der Ökonomie, deren herausragenden Vertreter Professor Guido Hülsmann wir heute hier hören durften, und die als einzige die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise detailliert vorausgesagt hat, die als einzige die tieferen Ursachen dafür untersucht und die erkennt, daß diese Krise noch lange nicht zu Ende ist. (...)

Konservative können mit ihrem skeptischen Menschenbild die Wirklichkeit besser einschätzen als die linken Weltverbesserer in ihren Wolkenkuckucksheimen. Konservative können deshalb erkennen, daß Menschen an den Schalthebeln der politischen Macht und auf den bequemen Sesseln der Bürokratie nicht plötzlich zu Engeln oder Superhelden werden. Gerade dort nicht, liebe Freunde.

Nehmen wir also als konservative Realisten, nicht als linke Träumer und Utopisten, die Wirklichkeit an, wie sie ist, und stellen wir dann unvoreingenommen fest, daß es überall den Menschen besser geht, je weniger der Staat ins tägliche Leben der Menschen hineinpfuscht und je geringer die Staatsquote ist. In Nordkorea ist es eben nicht lebenswerter als in Südkorea. Und das gilt auch für die jeweils Ärmsten. Hungerkatastrophen etwa gab es von China über die Sowjetunion bis Äthiopien immer nur in hardcore-sozialistischen Staaten, niemals in eher kapitalistischen. Jeder neue Sozialismus bedeutet Werteverlust – und das gilt nicht nur für materielle Werte, sondern auch und gerade für immaterielle Werte. Sozialismus vernichtet – das zeigt jede Erfahrung – Wohlstand und Moral. Wer konservativ ist und den Wert von Traditionen oder der Familie hochhält, der wird auch, wenn er wirklich offen ist, erkennen, daß es unser heute ins Totalitäre gleitende, jeden Lebensbereich politisierende Staat ist, der wie kein anderer Werte vernichtet. Etwa indem er alle traditionellen Aufgaben der Familie an sich reißt, von der Alterssicherung bis zur Kindererziehung, von der sozialen Bindung bis zur frühen Bildung, vom Risikoauffangbecken bis zum seelisch-ideologischen Trostspender. Aber auch, indem er durch Anreize für Scheidungen, durch Sonderprämien für Alleinerziehende oder Eingriffe ins Erbrecht die Familienbande direkt zerstört. Um es klar zu sagen: Die Vernichtung des natürlichen Sozialverbandes Familie ist ein ausgesprochenes Hauptziel aller sozialstaatlichen und sozialdemokratischen Bewegung. Das wurde früher auch von allen Sozialdemokraten zugegeben, es stand im frühen SPD-Programm. Und heute sind bekanntlich alle Parteien im Kern sozialdemokratisch.

Da, wo Familien noch nicht zerstört sind, im bedrohten und unter den Lasten immer kleiner werdenden deutschen Mittelstand, sind die Abgaben- und Steuerlasten sowie die Verbote und Gebote bis weit über das Erträgliche hinaus gestiegen. Der Verlierer in diesem gigantischen sozialdemokratischen Umverteilungsspiel, das wissen wir nicht erst seit Peter Sloterdijk, ist immer das konservative, selbständige und einst stolz gewesene Bürgertum.

Dennoch: Unsere Chancen zur Umkehr stehen heute wesentlich besser als vor 25 Jahren. Denken wir nur an das Phänomen Sarrazin, der eben nicht mehr abgesägt und mundtot gemacht werden konnte, denken wir an die gegen die gesamte politische und mediale Herrscherkaste gewonnenen irischen und Schweizer Volksabstimmungen. Denken wir an die Chance der Gegenöffentlichkeit im Internet und an die dort sich deutlich abzeichnende politisch nicht korrekte Meinungsführerschaft in Foren und Diskussionsgruppen.

Das Zeitgeist-Pendel hat seinen Linksaußenpunkt zu Beginn des Jahres mit Papstkritik und Abwrackprämie erreicht. Jetzt beginnt das Pendel zurückzuschlagen.

In den nächsten 25 Jahren werden wir die linken Menschenexperimente – von der Falschgeld-Scheinblüte auf Kredit bis zum demographischen Selbstmord auf Raten – ausbaden und abarbeiten müssen. Wie in jedem Sozialismus haben wir von der Substanz der Vergangenheit gezehrt und auf Kosten der Zukunft gelebt. Jetzt naht der Offenbarungseid.

Die kommenden Jahre werden hart werden. Aber es werden Zeiten sein, in denen Konservative und Libertäre gebraucht werden, weil Werte in beiderlei Wortsinn zerstört wurden und nun wieder geschaffen werden müssen.

Wir kamen also in den Achtzigern etwas zu früh, lieber Dieter Stein. Aber jetzt, liebe Freunde, ist unsere Zeit tatsächlich angebrochen. Es wird eine spannende Zeit! Die Alternative zu uns ist das endgültige Abgleiten in wirkliche Massenarmut und Verwahrlosung sowie einen neuen mörderischen Totalitarismus.

Arbeiten wir alle am besseren Weg, daran mit, daß in 25 Jahren in Deutschland weit mehr als heute gilt: Eigentum und Recht und Freiheit!

Was mir bleibt ist ein ganz großes Dankeschön an alle, die mich auf meinem Weg bis heute begleitet haben.

Foto: 300 Gäste verfolgen die Preisverleihung in der Zitadelle Spandau: JF-Chefredakteur Dieter Stein zeichnet Iljas Becker, Wiebke Pahl und Carlo Clemens (v.l.n.r.) als Sieger des JF-Jungautoren-Wettbewerbs aus.

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