© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/09-53/09 18./25. Dezember 2009

Alles wird gut
Publizistik: Als neuer Chefredakteur will Michael Naumann den „Cicero“ pluralistischer und weniger literarisch machen
Doris Neujahr

Nun ist also heraus, wer Wolfram Weimer als Chefredakteur beim Cicero, dem „Magazin für politische Kultur“, nachfolgt: Es ist Michael Naumann, Zeit-Mitherausgeber und ehemals Spitzenkandidat der SPD in Hamburg sowie von 1998 bis 2001 Kulturstaatssekretär unter Gerhard Schröder.

Naumann ist jetzt 68 Jahre alt, doch nicht nur deswegen handelt es sich um eine Entscheidung für das Gestern. Der Anstieg der Auflage, den die Zeit  zuletzt erlebte, widerlegt diesen Befund keineswegs. Naumann hat es geschafft, dem verunsicherten Juste-Milieu der Bundesrepublik die Zuversicht einzuflößen, daß nicht alles schlecht war und alles gut wird. Um so dankbarer schart es sich nun wieder um das Blatt. Umgehend hat er klargestellt, wohin die Reise gehen soll: Cicero sei „konservativ“ und müsse moderner und, ach ja, „pluralistischer“ werden. Auf daß es ununterscheidbar von der Zeit werde?

Nun war Cicero niemals nur „konservativ“. Thea Dorn verbreitete in der Attitüde des kleinen frechen Frauchens, das auch was zu sagen hat, ihre Feminismus-Thesen. Und in seiner letzten Kolumne grenzte sich Weimer von sogenannten Kulturpessimisten ab. „Tatsächlich ist der Bildungsgrad in Deutschland so hoch wie nie (...) Wir sind Exportweltmeister, weil wir Intelligenz in Produkte übersetzen.“ Hallelujah! Andererseits gab und gibt es Aufsätze von Norbert Bolz, Gunnar Heinsohn, Hans-Olaf Henkel und anderen, die leicht neben der Spur liegen.

Naumann will die „Literarisierung der politischen und ökonomischen Debatte“ beenden, denn „die alte deutsche Hoffnung, daß Schriftsteller zu gesellschaftlichen Problemen etwas Besonderes zu sagen haben, ist leider zu oft enttäuscht worden“. Er wolle sich in Zukunft „stärker auf fachlich ausgewiesene Journalisten verlassen“. Stimmt, wenn man sich den politischen Unsinn ansieht, den Günter Grass noch immer regelmäßig verzapft. Andererseits hatte nur der Großschriftsteller Martin Walser die innere und äußere Unabhängigkeit, in Naumanns Zeit den Afghanistan-Feldzug als „Krieg“ zu bezeichnen, während die „Fachjournalisten“ sich im politischen Opportunismus übten.

Wozu braucht die Republik ein zweites Zeit-Magazin?

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