© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/09-53/09 18./25. Dezember 2009

Eheberatung zu 29,50 Euro
Traditionelle Werte als Revolution getarnt: Atze Schröder gastiert mit seinem neuen Programm in Würzburg
Werner Veith

Man muß was tun, wenn man länger als fünf Jahre zusammen ist – Dessous-Geschenke sind nicht alles. Ein Mann muß eine Frau einfach mehr lieben als eine Frau einen Mann. Das ist so“, ruft Atze Schröder seinen 1.600 Zuschauern zu. In der s.Oliver Arena präsentierte der Comedy-Star sein neues Programm, das er auf den Namen „Revolution“ taufte. Eine sexuelle Revolution sei notwendig, eine Moderevolution sei notwendig, viele kleine Revolutionen. „Aber keine Sorge, es wird nicht politisch“, verspricht er seinen jubelnden Fans gleich zu Beginn.

   Geschickt verknüpft Atze Schröder sein Programm mit Würzburg: daß der Name s.Oliver nicht so schlecht sei, die Halle könnte ja auch Tacco oder TiK-Arena heißen; daß er im vergangenen Jahr an der Maritimhotelbar eine Miss Milka traf („zart und bitter“) und dann ein Clausthaler und einen Cognac bestellte, um sich interessant zu machen; daß man zum Würzburger Weihnachtsmarkt gehe, um richtig zu bechern – und nicht nur, um den Esel zu streicheln; daß im vergangenen Jahr während seiner Show in Würzburg einer Schwangeren vor Lachen die Fruchtblase geplatzt sei. „Ist die Frau heute vielleicht hier?“ fragt er spontan ins Publikum hinein. „Ja, es ist eine Tochter.“ – „Dann heißt sie wohl nicht Atze“, kontert Schröder. In der Pause gibt er für Mutter und Vater Sekt aus.

   Vor der Pause fordert Schröder alle Männer auf, ihren Frauen etwas zu spendieren. (Mitgebrachte Getränke mußten draußen bleiben. 0,4 Liter Bier gibt es zu drei Euro.) „Und – habt ihr etwas zu trinken bekommen?“ – „Nein“, rufen viele Frauen im Chor nach der Pause. – „Seid ihr noch richtige Männer?“

   Es ist schon faszinierend, wie der Fernsehkabarettist so ganz alleine auf der Bühne steht, über zwei Stunden lang. Er redet mit großer Gestik, klopft einen Spruch nach dem anderen über Politiker und Multikulti, Junggesellenabschiede und Hochzeiten. Begeistert erzählt er von Alkoholexzessen aller Art. Er hat die Fähigkeit, blitzschnell den Kontakt zum Publikum herzustellen und Meinungsforschung zu betrieben „Soll man die Frau seines besten Kumpels anbaggern?“ fragt er durch die Sitzreihen. Bei den Männern überwiegen die Ja-Stimmen, bei den Frauen die Nein-Stimmen.

Dann erzählt er seine Geschichte: Die Frau seines Kumpels ist schon bei ihm im Hotelzimmer, die Vorhänge schon geschlossen, die Heizung schon auf 42 Grad gestellt, er wie immer fit im Schritt. Doch dann kommt der Mann mit Dauerwelle und blaugetönter Fliegerbrille ins Grübeln, ob er wirklich die Cowboy-Stiefel ausziehen soll. Kann er so etwas seinem besten Freund antun? Er fragt nochmals das Publikum – und die Ja-Stimmen werden leiser.

   Die Fangemeinde feiert ihr Idol nach zahlreichen Zugaben überschwenglich. Nur für die Aussage: „Ihr seid wie das Udo-Jürgens-Publikum vor 20 Jahren“, erntet Atze gellende Pfiffe.

Alle Tourtermine von Atze Schröder auf der Internetseite www.atzeschroeder.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen