© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/09-53/09 18./25. Dezember 2009

DVD: Thriller
Abgründe
Werner Olles

In Michael Gordons spritziger Komödie „Boy’s Night Out“ (Sexy!, 1961) gehen vier verheiratete Familienväter in einer von ihnen angemieteten Appartementwohnung einer attraktiven Soziologiestudentin auf den Leim, die die geplanten, aber nie vollzogenen ehelichen Seitensprünge des munteren Quartetts zur Inspiration für ihre Doktorarbeit („Das unreife sexuelle Verhalten des amerikanischen Mannes im Großstadtvorfeld“) benutzt. Weit weniger parodistisch und amüsant geht es dagegen in Erik van Looys („Lost Memory – Killer ohne Erinnerung“, 2003) Psychothriller „Loft – Tödliche Affären“ (2008) zu. Hier dient das im Dachgeschoß eines supermodernen Hochhauses befindliche Loft fünf verheirateten Mietern als geheimer Ort für ihre sexuellen Abenteuer und Eskapaden mit flüchtigen Barbekanntschaften und Prostituierten.

Das ungehemmte Vergnügen der Herren nimmt jedoch ein jähes Ende, als die Freunde eines Tages eine ans Bett gefesselte blutüberströmte Frauenleiche im Loft vorfinden. Nach dem ersten Schock ist allen Beteiligten schnell klar, daß nur einer aus ihrer Mitte der Mörder sein kann, da außer ihnen keiner einen Schlüssel zum Tatort hatte. Langsam macht sich Mißtrauen breit, und es dauert nicht lange, bis sie sich gegenseitig mit Beschuldigungen attackieren. Die Auflösung der rätselhaften Bluttat kommt aber dann doch so überraschend, daß daran nicht nur ihre Freundschaften und Ehen zerbrechen, sondern auch das Verbrechen selbst plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheint…

„Loft – Tödliche Affären“ avancierte in seiner Heimat zum Kassenschlager und gilt inzwischen als der erfolgreichste belgische Film aller Zeiten. Auf mehreren, ziemlich verschachtelten Erzählebenen, die es einem als Zuschauer nicht immer leicht machen, wartet er mit stets neuen und überraschenden Wendungen auf. Andererseits mangelt es dem Film an einer gewissen Geradlinig- und Schnörkellosigkeit. Doch wie jeder gute Thriller gestattet er einen tiefen Einblick in die Abgründe des menschlichen Verhaltens und lehrt uns einiges über Begierde, Verführung und die Begegnung mit dem Bösen.

In „Loft“ steht das Verbrechen selbst, nicht seine Aufklärung, nicht seine Motivation, nicht seine Determination im Vordergrund. Seine kathartische Wirkung bezieht der Film aus dem Zusammenschluß von sozialer Klaustrophobie und der Angst vor dem Nächsten, dem nicht zu trauen ist. So entpuppt sich das Loft am Ende als architektonischer Ort ohne Zukunft.

DVD: Loft – Tödliche Affären, Koch Media, München/Planneg 2009, Laufzeit etwa 113 Minuten

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