© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/10 08. Januar 2010

Cem Güley. Der Ex-Gangster prophezeit Deutschland den multikulturellen Bürgerkrieg
Generation Wut
Sverre Schacht

Jahrelang ließ er seine Wut an anderen aus, betrog, prügelte und schoß. „Ich war eine Bestie“, gesteht Cem Güley. „Gangster sein war mein Lifestyle, ein Beruf, in dem es um Macht und Anerkennung ging“, sagt der Ex-Mafioso rückblickend.

Doch noch erschreckender ist sein Blick in die Zukunft. In seiner Ende 2009 bei dtv erschienenen Autobiographie „Türken-Sam. Eine deutsche Gangsterkarriere“ sagt Güley den Bürgerkrieg voraus: „In zwanzig Jahren werden Migranten in den Großstädten die Mehrheit bilden.“ Dann, so Güley, „kann es jederzeit passieren. Es werden keine Vorstädte brennen wie in Paris. Nein, brennen werden die Innenstädte.“

Der das sagt, muß es wissen.  1970 in Hamburg geboren, avancierte der junge Deutsch-Türke zu einem der führenden Köpfe der Unterwelt seiner Stadt. Als er bereit war zu töten und seinen Boß um einen entsprechenden Auftrag bat, legte der Chef der „Gangster-GmbH“ ihm den Ausstieg nahe, so der Sohn eines Gastarbeiters – Legende.

Güley hat sein Buch über sich, die Szene und die niederschmetternden Erfahrungen rund um Diskriminierung geschrieben. Der Verlust des Namens, den niemand aussprechen wollte oder konnte, beschreibt er als erste Zäsur. Auch sein türkisches Umfeld analysiert er, blickt auf die achtziger Jahre: „Damals ging es mit der Türkenfeindlichkeit richtig los, auch durch Gewalt der türkischen Jugendlichen.“ Danach seien Rechtsradikale zum Verprügeln der Türken übergegangen. Nun wollte er „Deutsche verarschen“, nahm sich den Gangster-Onkel zum Vorbild.

Nach dem Ausstieg aus dem Milieu 2001 spricht er jetzt mit Vorliebe über das Lebensgefühl der „Generation Wut“ oder „Kanack-Attack“, wie er sie nennt. Seine Leidenschaft gilt nun der Integration der Einwanderer, deren Sicht auf das Leben und seine eigenen Erfahrungen mischen sich. Diskriminierung sieht er als Grund der Kriminalität junger Ausländer. Sein Lösungsvorschlag: „Macht Schluß mit den Migrantenschulen, verteilt Ausländerkinder nach Quoten auf eure Schulen, erlaßt knallharte Gesetze gegen Diskriminierung, so wie in den USA.“ Güley beherrscht die Klaviatur großer Emotionen, auch Drohgebärden: „Sonst werdet ihr bald ein Heer von Millionen weiterer Verbrecher und Gewalttäter haben, und die haben immer euch Deutsche zum Feindbild.“

Ungeklärt läßt er, warum viele junge Türkischstämmige keine „Stütze im Elternhaus“ haben, trotz Bildung abgleiten; warum fitneßgestählte Migranten-Mafiosi, äußerlich mit allen Zeichen des Erfolgs ausgestattet, einschließlich deutscher Freundinnen, trotzdem Augen zerschlagen, in Beine und Körper schießen, wie er es tat. Mit: „Wir hassen Euch, Ihr haßt uns“ kommentiert er das Nebeneinander von Deutschen und Türken. Er vermeidet die Frage nach individueller Schuld. Ins Gefängnis mußte Güley wegen seiner Taten nie. Ein Gericht erkannte seine „echte Reue“. Nun will er also die Gesellschaft warnen: „Es kann jederzeit losgehen, und es kann jeden treffen.“

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen