© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/10 15. Januar 2010

Kampf um die Ostsee – Das Wrack der „Hedvig Sophia“: Eine kleine Perle moderner Dokumentationskunst
Vergessene Geschichte wird endlich wieder lebendig
Herdis Helgenberger

Das Wrack des Segelschiffs liegt in einem Grab aus Steinen und Holz, das ihm das Meer seit dreihundert Jahren bereitet. Hier, an der westlichen Küstenseite der Ostsee, war im Frühling 1715 der schwedische Großsegler „Hedvig Sophia“ auf Grund gelaufen.

In der blutigen Seeschlacht gegen die dänische Flotte, die das denkwürdige Fanal einer jahrhundertealten Fehde um Handelsrouten und Küstenwege im Ostmeer markierte, erlitt das einstige Flaggschiff der schwedischen Marine irreparable Beschußschäden. Dem Kapitän, Konteradmiral Hans Wachtmeister, gelang es zwar noch, sich mit seinen Mannen zur Kieler Bucht zu flüchten. Damit der Stolz der schwedischen Kriegsflotte allerdings nicht in die Hände der Feinde fiel, wurde es auf Befehl des Kapitäns versenkt.

Nach drei Jahrhunderten haben sich die Wogen am Schauplatz längst geglättet; der Name des maritimen Schatzes sank buchstäblich ins Vergessen, bis es Wissenschaftlern und Tauchern 2009 gelang, mit Hilfe historischer Quellenkunde und archäologischer Messungen den Schuttberg am Ostseegrund als Überreste der „Hedvig Sophia“ zu identifizieren. Nun soll „ein Stück Geschichte wieder lebendig werden“, so Martin Segschneider, Projektleiter des Unternehmens „Ostseewrack“. 

Die spannendsten Momente ergeben sich aus dem kunstvollen Zusammenspiel zweier Zeitlinien, die sich in Kirsten Hoehnes aufwendig produzierter Reportage an sorgfältig ausgewählten Stellen kreuzen. Auf der einen Seite steht die von den Fernsehkameras begleitete Wirklichkeit des archäologischen Projekts, auf der anderen Seite läuft das große Gestern: die von Schauspielern nachgestellten, teilweise computeranimierten Szenen der neuzeitlichen Seeschlacht.

Wer diese kleine Perle moderner Dokumentationskunst entdecken möchte, sollte kommenden Sonnabend den Fernsehkanal Arte ansteuern.

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