© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/10 29. Januar 2010

Frisch gepresst

Rudolf Bultmann. Als treuer Sohn seiner oldenburgischen Heimat hat er Korn und kleines Bier zu vormittäglich-gelehrtem Plausch bis zuletzt nicht verachtet. Das war bei weitem nicht die einzige Anhänglichkeit an seine Ursprungsregion, die den Theologen Rudolf Bultmann (1884–1976) mit der Aura der Gutmütigkeit ausstattete. Aber der in Breslau, Gießen und seit 1921 in Marburg lehrende, dort zu Weltruhm gelangende Neutestamentler war alles andere als ein Abziehbild jenes „unseres Herrn Jesum“ ganz und gar gewissen, schmerbäuchigen Glaubensbeamten, der mit Notar, Landrat und Apotheker bis zur zwölften Stund‘ gemütlich zu pokulieren pflegte. Bultmann, zwischen der amtskirchlich ungelittenen „liberalen“ und der revolutionären Theologie eines Karl Barth stehend, galt seit den 1920er Jahren als Bilderstürmer. Der Begriff der „Entmythologisierung“, den man bis heute mit seinem Namen verbindet, treibt Evangelikalen immer noch den Schweiß auf die Stirn. Auch die könnten aber vielleicht etwas ruhiger schlafen, wenn sie sich mit der wissenschaftshistorisch herausragenden, innerhalb weniger Monate mit zwei Auflagen belohnten Biographie befassen würden, die der Münsteraner Systematiker Konrad Hammann zum 125. Geburtstag Bultmanns vorgelegt hat – ein Werk, das in jenen Kreisen sicher als „Entdämonisierung“ gelesen werden könnte (Rudolf Bultmann. Eine Biographie. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2009, gebunden, 582 Seiten, Abbildungen, 49 Euro).

 

Stoßtruppen. Die Sturmbataillone gehören wohl zu den eindruckvollsten Formationen des Ersten Weltkriegs. Als Ergebnis des Stellungskriegs im Westen wurde im März 1915 bei Köln die 1. Sturmabteilung des deutschen Heeres aufgestellt. Nach verlustreichem Einsatz im Juni an der Westfront bei Souchez wurden die Reste der Einheit in den Kaiserstuhl verlegt, was als die eigentliche Geburtsstunde der deutschen Sturmabteilungen gilt. Hier entstand, unweit des erbittert umkämpften Hartmannsweiler Kopfs, unter dem Kommando des Hauptmann Willy Rohr die Stoßtrupptaktik, nach der nicht mehr in breiten Schützenlinien angegriffen wurde, sondern in schmalen, tiefgegliederten und beweglichen Trupps mit entsprechender Ausrüstung. Diese Einheiten sollten künftig die feindlichen Stellungen an festgefahrenen Frontverläufen wieder öffnen und nachstürmende Einheiten mit nach vorne reißen. Im Februar an die Verdun-Front verlegt, avancierte die Sturmabteilung zum ersten Sturmbataillon, dem Sturmbataillon Rohr (Werner Lacoste: Deutsche Sturmbataillone 1915–1918. Der Kaiserstuhl und das Markgräflerland als Geburtsstätte und Standort deutscher Sturmbataillone des Ersten Weltkrieges. Helios Verlag, Aachen 2009, gebunden, 123 Seiten, Abbildungen, 18,50 Euro).

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