© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/10 12. Februar 2010

Thomas Schühly. Der Filmproduzent plant die Neuverfilmung des Klassikers „Metropolis“
Der Mythen-Träumer
Harald Harzheim

Eine Neuverfilmung von Fritz Langs gigantischem Stummfilm „Metropolis“ von 1927? Dem deutschen Filmklassiker schlechthin – der mit „Panzerkreuzer Potemkin“ oder „Citizen Kane“ auf einer Stufe steht? Der am Freitag zum sechzigsten Jubiläum der eben begonnenen Berlinale stolz erstmals in seiner vollständig restaurierten Fassung gezeigt wird (siehe Seite 11)? Wer dem eine angemessene Neufassung gegenüberstellen will, beweist Mut und verdient Interesse.

Es ist der 1951 in Karlsruhe geborene Filmproduzent Thomas Schühly. Seine Filmkarriere startete er 1979 als Regieassistent bei Faßbinders „Berlin Alexanderplatz“. Für dessen zwei Jahre später entstandene „Lola“ fungierte er bereits als Produktionsleiter. In seiner Themenwahl steht der Katholik Schühly jenseits von Gut und Böse, realisierte Filme über den Massenmörder Fritz Haarmann („Der Totmacher“, 1995) oder den antiken „Alexander“, ein Werk, das 2004 unter der Regie von Oliver Stone europäische Maßstäbe sprengte. In diese Galerie gehören auch Münchhausen in „Die Abenteuer des Baron Münchhausen“ (1988) und der Klosterdetektiv William von Baskerville in „Der Name der Rose“ (1986).

Schühlys völlig konträr zur wohlfeilen Zeitgeistigkeit der Branche schlagendes – im besten Sinne des Wortes – reaktionäres Herz zeigte sich, als er sich später von diesem Film distanzierte: Ihm scheint das Mittelalter eine Zeit des Eros, der Seele. Der Schrecken der Inquisition, das Geistige, begann für ihn mit der Neuzeit: „Der Geist als Widersacher der Seele manifestiert sich immer über Materie, über Technik ... Der Geist mußte etwa zur Erfindung des Computers führen“, erklärte er 2002 in einem Interview mit der Taz.

Auf der Seite der Seele stehen für ihn Metaphysik, die Kunst und das schaffende Individuum. Deshalb meidet Schühly als Filmsujet das Durchschnittliche, Mittelmäßige. Sein Interesse zielt auf das Existentielle, das Heroische, den charismatischen Ausnahmemenschen, der einen Mythos hervorbringen kann.

Jetzt also „Metropolis“, dessen Aktualität für Schühly in der Thematisierung technischer Übermacht und der Polarisierung von Reich und Arm liegt. Das erkannten schon Produzenten vor ihm. Seit Anfang der dreißiger Jahre sind Neuverfilmungen geplant worden, weiß Schühly, nur „über Absichtserklärungen ging das alles nicht hinaus“. Ursprünglich sollten die Dreharbeiten schon im vergangenen Jahr beginnen. Aber ein geeigneter Regisseur ist bislang nicht gefunden.

Vor diesem Problem steht Schühly nicht zum ersten Mal. Auch die von ihm ins Auge gefaßten Verfilmungen von Ernst Jüngers „In Stahlgewittern“ und – zur Rehabilitierung des Mittelalters – Umberto Ecos „Baudolino“ scheiterten daran. Ob ihm mit „Metropolis“ mehr Glück beschieden ist? Damit ein Stoff nicht pures Klassikerdasein in der Mottenkiste fristet, muß er immer wieder neu erzählt werden. Und schließlich wecken Neuverfilmungen ja die Neugier auf das Original.

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