© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/10 12. Februar 2010

Frisch gepresst

Mircea Eliade. Da er einer der bedeutendsten Religionswissenschaftler des 20. Jahrhunderts war, mußte allein diese Prominenz Mircea Eliades (1907–1986) Kontroversen auch über die Biographie und damit über die „moralische Integrität“ des Denkers provozieren. Die Spannbreite reicht hier von frühen, seit 1970 von israelischen Autoren erhobenen, in den USA und Europa begierig aufgesogenen Anschuldigungen gegen den „Faschisten“ und „Antisemiten“ bis hin zu hilflosen Apologien, die Eliades politisches Engagement vor 1945 als „Jugendsünden“ zu minimalisieren trachteten. Das ganze Ausmaß dieses durchaus auch judenfeindlichen Engagements für die Eiserne Legion des Corneliu Zelea Codreanu ist seit Mac Linscott Ricketts’ Zweipfünder über die „rumänischen Wurzeln“ Eliades (New York 1988) jedoch seit langem bekannt. Da das nicht ins Deutsche übersetzte Werk aber schwer greifbar ist, muß man dem italienischen Eliade-Forscher Claudio Mutti dankbar sein, wenn er den intellektuellen Anteil des Religionswissenschaftlers an der eher spirituellen denn politischen Bewegung Codreanus in essayistischer, gleichwohl quellengesättigter Weise in einem vorzüglich ausgestatteten Büchlein präsentiert. Dabei finden andere von der Legion faszinierte Philosophen und Schriftsteller wie Nicolae Ionesu und der wie Eliade im Exil zu Weltruhm gelangte Emil Cioran Berücksichtigung (Mircea Eliade und die Eiserne Garde. Rumänische Intellektuelle im Umfeld der Legion Erzengel Michael. Regin-Verlag, Preetz/Holstein 2009, broschiert, 142 Seiten, Abbildungen, 14,95 Euro).

 

Westpreußen. Im 60. Jubiläums-Jahrgang ist das derzeit von Hans-Jürgen Kämpfert herausgegebene Westpreußen-Jahrbuch 2010 erschienen (Westpreußen-Verlag, Münster 2010, broschiert, 172 Seiten, Abbildungen, 15 Euro). Es bietet wie immer eine bunte Mischung landeshistorischer Themen, anhebend mit einer Studie des 1935 in Marienburg geborenen Pädagogen Rainer Zacharias, der der Namensgebung seiner Heimatstadt nachgeht, endend mit einem erschütternden Zeitzeugenbericht von Gertraut Petersen über die infernalischen Zustände im von sowjetischen wie polnischen Gewalt-exzessen heimgesuchten Danzig und dem traurigen Ende der über 700jährigen Geschichte dieses ostdeutschen Gemeinwesens. Im Mittelpunkt des Bandes steht, die üblichen Dimensionen mit seinen über fünfzig Seiten sprengend, der vorzügliche Beitrag des renommierten Westpreußen-Kenners Jürgen W. Schmidt, der eine farbige Schilderung des bewegten Lebenswegs von August Friedrich Mebes bietet. Er führt uns damit eine vielleicht nicht ganz exemplarische, in jedem Fall aber spannende, in einem Zug zu lesende preußische Beamtenbiographie des 19. Jahrhunderts mit allen familiären Verästelungen vor Augen.

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