© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/10 26. Februar 2010

Närrische Zeiten
Universität: J. Fischer wird Gastprofessor in Düsseldorf
Daniel Napiorkowski

Kaum sind im Rheinland die jecken Tage vorbei, ereilt uns dieser Schenkelklopfer: Joseph Fischer wird Gastprofessor an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf – jener Fischer, der keinen Schulabschluß hat und niemals regulär an einer Hochschule eingeschrieben war.

Seit 1988 wird die Gastprofessur an prominente Größen aus Literatur und Politik verliehen; neben Siegfried Lenz und Juli Zeh hielten etwa auch der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker sowie Altkanzler Helmut Schmidt Gastvorlesungen in Düsseldorf. „Er ist ein würdiger Inhaber der Professur, die nach Heinrich Heine benannt ist“, so der Rektor der Universität über den diesjährigen Gastprofessor.

Bereits 2006 dozierte Fischer an der amerikanischen Universität Princeton. Er sei „locker“ gewesen, zitiert die Rheinische Post Studenten. „Mit einer Hand in der Hosentasche stand er am Pult.“ Man kann sich Fischer genau vorstellen, seine Selbstgefälligkeit, seine gespielte Lässigkeit.

Freilich, Fischer kann auf eine bemerkenswerte Karriere zurückschauen: vom linksradikalen Revolutionären Kampf und der Proletarischen Union für Terror und Zerstörung zum Außenminister der Bundesrepublik. Die Kehrseite dieser Medaille ist jedoch ein Paradebeispiel für den Bildungsverfall an deutschen Universitäten: Nicht Eignung, Befähigung, wissenschaftliche Leistung und akademische Würde verhalfen Fischer zur Gastprofessur, sondern Zeitgeistaffinität, Opportunismus sowie ein auffallend kurzes öffentliches Gedächtnis, wenn es um politische Gewalt von links geht.

Fraglich ist, wie Fischer, wäre er heute Student – Verzeihung: Gasthörer –, auf einen Professor wie etwa Jost Bauch reagieren würde. Wenn Studenten heute in einem flegelhaften Ton „Bauch muß weg!“ und „Entlassung!“ fordern (JF 8/10), so darf man nicht wenige nachgeborene „Fisherman’s Friends“ unter ihnen wähnen. Kollegialen Beistand vom Gastprofessor in spe wird sich Bauch jedenfalls kaum erhoffen dürfen.

Doch was genau wird dem Soziologen Bauch vorgeworfen? „Ich habe nie bestritten, daß ich fast zehn Jahre lang auch unter Einsatz von Gewalt die verfassungsmäßige Ordnung in der Bundesrepublik umstürzen wollte.“ Das stammt nicht von Bauch, der Satz stammt von Fischer, und trotzdem wird man ihn im universitären Betrieb mit allen Ehren empfangen.

Wie dichtete der berühmte  Namenspatron der Düsseldorfer Universität einst: „Denk ich an Deutschland in der Nacht / Dann bin ich um den Schlaf gebracht / Ich kann nicht mehr die Augen schließen / Und meine heißen Thränen fließen.“

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