© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/10 05. März 2010

Lichtblicke zum Winterende
Westerwelles Duktus: Die Kampagne „Sprache der Ideen“ gibt Hoffnung trotz eines mißlungenen Auftakts
Thomas Paulwitz

Die Begeisterung in den deutschen Feuilletons war verhalten bis ablehnend, nachdem Bundesaußenminister Guido Westerwelle in der vergangenen Woche den Startschuß für die neue Kampagne „Deutsch – Sprache der Ideen“ gegeben hatte. Mit dieser Initiative soll der dramatische Rückgang des Interesses an der deutschen Sprache als Fremdsprache aufgehalten und umgekehrt werden. Der Titel ist von der erfolgreichen Standortkampagne „Deutschland – Land der Ideen“ abgeleitet.

Nachdem 2000 noch 20,2 Millionen Menschen im Ausland Deutsch lernten, sank die Zahl 2005 auf 16,7 und 2010 auf 14,5 Millionen. Besonders dramatisch ist der Rückgang in Rußland, wo Englisch das Deutsche als erste Fremdsprache verdrängt hat, und in Großbritannien, dessen Regierung den Unterricht in allen Fremdsprachen systematisch abbaut. Lichtblicke gibt es lediglich in Polen und Frankreich.

Angesichts dieser alarmierenden Zahlen hätte man annehmen können, daß die deutsche Presse die Initiative Westerwelles freudig bejubelt. Doch das Gegenteil war der Fall. In der Süddeutschen Zeitung, der Zeit und dem Spiegel erschienen spöttische Glossen. Das eigentliche Anliegen geriet ins Abseits.

Daran war erstens Westerwelle selbst schuld, der in seiner Rede die Aufmerksamkeit vom Thema weg auf seine Person lenkte. Denn er ließ es sich wieder einmal nicht nehmen, mit der Erinnerung an Schlagzeilen zu kokettieren, die er in ganz anderen Zusammenhängen produziert hatte. Mit Sätzen wie „Sie wissen, jeder hat seinen eigenen Duktus“ erinnerte er eher an die Sozialstaatsdebatte, in der sich Angela Merkel mit der Aussage „Das ist nicht mein Duktus“ von Westerwelles Stil distanziert hatte.

Des weiteren nervte ein offenbar mißlungenes kulturelles Rahmenprogramm die anwesenden Journalisten, die an einen Ort geladen waren, der sich ausgerechnet als „New Space for the Arts in Berlin“ bezeichnet. Hinzu kam, daß an diesem Abend kaum etwas über die Inhalte der Kampagne gesagt wurde. Bleibt zu hoffen, daß nun stärker ins Bewußtsein gerät, worum es eigentlich geht: die Stärkung der deutschen Sprache im Ausland.

 

Thomas Paulwitz ist Schriftleiter der in Erlangen erscheinenden Vierteljahreszeitschrift „Deutsche Sprachwelt“.

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