© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/10 12. März 2010

Auf Nazi-Rollen abonniert
Filmgeschäft: Die Oscar-Auszeichnung für Christoph Waltz wirft ein trübes Licht auf Hollywood
Martin Lichtmesz

Wir sind Oscar!“ heißt es zur Zeit in Österreich, und in der Bundesrepublik freut man sich mit. Der 1956 in Wien geborene Christoph Waltz erhielt für seine Darstellung des charmesprühenden SS-Schurken Hans Landa in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ den „Academy Award“ in der Kategorie „bester Nebendarsteller“. Damit gehört Waltz zu einer kleinen Handvoll deutschsprachiger Künstler, die bisher die begehrte Trophäe gewannen (der allererste Oscar für den „besten Hauptdarsteller“ ging 1929 an Emil Jannings).

Verdient hat Waltz den Preis allemal. Seine mit schwarzhumorigem Gusto durchsetzte Darstellung des multilingualen, ständig gut gelaunten „Judenjägers“ hat wesentlich dazu beigetragen, den Film über einen Stoßtrupp jüdischer Killer, die im besetzten Frankreich „Nazis“ abschlachten, ein gutes Stück ikonoklastischer und doppelbödiger geraten zu lassen, als frühe Besprechungen befürchten ließen (JF 12/09). „Hans Landa“ ist inzwischen zur wohl populärsten Figur des Spektakels geworden. Während die jüdischen Rächer selbst wenig Profil bekommen, hat Waltz eine Glanzszene nach der anderen, und er ist weitaus weniger gruselig als der sadistische „Bärenjude“, der den Besatzern mit einem Baseballschläger den Kopf zertrümmert.

Der Wermutstropfen an dem Ganzen: Deutsche Schauspieler bekommen in Hollywood immer noch am ehesten eine Rolle, wenn sie einen „Nazi“ spielen, wie einst Schwarze auf Diener und Asiaten auf sinistre Intriganten festgelegt waren. Til Schweiger etwa, der dieses Ritual schon hinter sich hat, sagte Tarantino nur unter der Bedingung zu, einen „Rächer“ spielen zu dürfen. In den Propagandafilmen des Zweiten Weltkriegs mußten ironischerweise jüdische Emigranten dafür herhalten, heute stehen quasi die unterjochten Indianer selbst für die Weltkriegswestern zur Verfügung. So sehr den beteiligten deutschen Schauspielern die internationale Karriere zu wünschen ist, so traurig ist es doch, daß als Sprungbrett dafür wieder einmal die Nazi-Nummer herhalten muß.

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