© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/10 12. März 2010

Zeitschriftenkritik: Welt und Umwelt der Bibel
Schmelztiegel der Götter
Werner Olles

Herausgegeben vom Katholischen Bibelwerk e.V. erscheint Welt und Umwelt der Bibel – Untertitel: „Archäologie – Kunst – Geschichte“ – im DIN-A-4-Format und mit einem Umfang von jeweils achtzig Seiten als deutsche Ausgabe der französischen Zeitschrift Le Monde de la Bible vierteljährlich im 15. Jahrgang. Schwerpunktthemen früherer Ausgaben waren unter anderem „Die zehn Gebote“, „Echnaton und Nofretete“, „Der Jakobsweg“, „Religionen im antiken Syrien“, „Juden und Christen“, „Athen. Von Sokrates zu Paulus“, „Weihnachten. Hintergründe einer heiligen Nacht“ und „Maria Magdalena. Jüngerin und Sünderin“.

Das Titelthema der aktuellen Ausgabe (Nr. 55, 1. Quartal 2010) beschäftigt sich mit der Zeit der ersten nachchristlichen Jahrhunderte in Ägypten: „Das römische Ägypten. Schmelztiegel der Religionen“. Zwar änderte sich mit der Eroberung durch die Römer vieles, doch die ägyptische Kultur lebte weiter. So wurden beispielsweise in den Tempeln die römischen Kaiser wie ihre Vorgänger als Pharaonen dargestellt und die Kultstätten weiter ausgebaut. Gleichzeitig änderte sich jedoch das Alltagsleben, griechisch-römische Götter kamen ins Land, alte Gottheiten verschwanden und neue entstanden. Das Judentum prägte sich aus und allmählich wuchs auch das traditionell vom Evangelisten Markus abgeleitete Christentum Ägyptens heran. Neben gnostischen Strömungen entstand jedoch auch eine Vielzahl biblisch inspirierter Schriften, die ihren Weg zwar nicht in die Heilige Schrift fanden, aber viel über die ersten Christen Ägyptens und ihren Glauben erzählen.

Über Recht und Gerechtigkeit im Alten Testament berichtet der Beitrag „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Während über Jahrhunderte hinweg in den kleinen Ortschaften Israels mit den Ältestengerichten eine gut funktionierende Rechtsinstanz vorhanden war, änderte sich dies, als in der Zeit nach 722 v. Chr. viele Flüchtlinge aus dem gefallenen Nordreich nach Juda kamen und die als Tagelöhner arbeitenden Fremdlinge sich nicht in die Ortssippen eingliedern ließen. Mit einem neuen Gesetz wurden nun Priester und Richter zu Rechtsexperten, die als ausgebildete Fachleute unparteiisch Recht zu sprechen hatten. In besonders schwierigen Fällen mußten sogar Spezialisten aus Jerusalem die Entscheidung treffen, wobei es gegen ihr endgültiges Urteil keine Widerspruchsmöglichkeit mehr gab. Nachdem die Ortschaften und die alten Familienbande an Bedeutung verloren hatten, war das Leben durch die wirtschaftliche Entwicklung inzwischen so kompliziert geworden, daß es notwendig wurde, jahrhundertelang bewährte Einrichtungen aufzugeben.

Einen interessanten Einblick in die koptische Kunst gewährt im Heftteil „Biblische Archäologie aktuell“ zudem ein kleiner Text über die Ausgrabungen im Kloster Baouit, bei denen beeindruckende Wandmalereien von hervorragender Qualität aus dem 7. Jahrhundert preisgegeben wurden.

Anschrift: Katholisches Bibelwerk e.V., Postfach 150365, 70076 Stuttgart. Das Einzelheft kostet 9,80 Euro, das Jahresabo 34 Euro. Internet: www.bibelwerk.de

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