© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/10 19. März 2010

Griechenland und die EU
Anfang vom Ende des Euro
Karl Albrecht Schachtschneider

Niemand hat die Absicht, für Griechenlands Schulden aufzukommen“ (Angela Merkel), aber: „Wir lassen Griechenland nicht fallen. Griechenland wird unterstützt, wenn es die Hilfe braucht.“ (Jean-Claude Juncker, Chef der Euro-Gruppe) Was gilt? Was ist erlaubt?

Der verfassungsrangige Unionsvertrag verbietet der Union und den Mitgliedstaaten, für die Staatsschulden anderer Mitgliedstaaten zu haften oder einzutreten. An der „No bail-out“-Klausel des Artikel 125 AEUV (EU-Arbeitsvertrag) führt keine Umgehung vorbei. Die Haushaltsdisziplin gehört zur Konzeption der Währungsunion, die nach dem Maastricht-Urteil von 1993 nicht verlassen werden darf, wenn Deutschland deren Mitglied bleiben können soll.

Die Hilfszusagen, seien es bilaterale Garantien, Kredite, Käufe oder ein Europäischer Währungsfonds (EWF), sollen nicht nur die Finanzierung Griechenlands und mittelbar die der anderen über ihre Verhältnisse lebenden Euro-Staaten stützen, sondern sind bereits verbindliche Haftungsversprechen. Rechtlich verkünden sie somit das Ende des Euro. Ein EWF wäre auch kein IWF (Internationaler Währungsfonds) der EU. Denn Aufgabe des IWF ist der Zahlungsbilanzausgleich in fremder Währung (vornehmlich mittels Sonderziehungsrechten) zur Stabilisierung der eigenen Währung. Eine eigene, hilfsfähige Währung hat Griechenland nicht, sondern weitestgehend eine Fremdwährung, den Euro. Durch Maßnahmen des IWF zur Kreditierung des griechischen Haushalts, soweit solche überhaupt dem IWF-Übereinkommen genügen, könnte dem Euro nicht geholfen werden. Sie würden den Rest an Vertrauen in ihn zerstören.

Verbindliche Auflagen, wie sie der IWF machen kann, wären mit den Regeln der Haus-haltsüberwachung des Artikels 126 AEUV unvereinbar. Vorgesehen sind nur Empfehlungen, deren Mißachtung zu Maßnahmen – erheblichen Geldbußen – führen können, die keinem Staat in Finanznot wirklich helfen. Ein EWF wäre eine Einrichtung des Finanzausgleichs, nicht anders als andere Hilfen. Sie finanzieren Hartz-Staaten – wie bisher der Zinstransfer mittels der erschlichenen, durch Deutschland stabilisierten Währung –, zahlen allerdings auch unseren (Rüstungs-)Export.

Über einen neuen Unionsvertrag, der die Euro-Konzeption an die veränderte Lage anpaßt, wird bereits nachgedacht. Er wäre endgültig der Schritt in den Bundesstaat, den selbst das Lissabon-Urteil an eine Zustimmung des deutschen Volkes bindet.

Die Rede ist auch von Artikel 122 AEUV, der bei „außergewöhnlichen Ereignissen, die sich der Kontrolle eines Mitgliedstaats entziehen“, den „finanziellen Beistand der Union“ ermöglicht. Interpreten werden die selbstverschuldeten Finanzprobleme als beihilfefähige „Schwierigkeit“ herbeizureden versuchen. Die qualifizierte Mehrheit im Rat wäre angesichts der allgemeinen haushaltspolitischen Disziplinlosigkeit leicht zu erreichen. Auch das wäre rechtswidrig.

Mit dem Scheitern der Währungsunion erlebt die EU ihr Waterloo.

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