© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/10 02. April 2010

Schlierers letzte Chance
Parteitag: Der Bundesvorsitzende der Republikaner kann sich dank Zugeständnissen an seine parteiinternen Kritiker vorerst im Amt behaupten
Hinrich Rohbohm

Rolf Schlierer bleibt Vorsitzender der Republikaner. Auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende in Hamm setzte sich der 55jährige in einer Kampfabstimmung gegen seine bisherige Stellvertreterin Ursula Winkelsett aus Nord­rhein-Westfalen durch. Einen möglichen dritten Kandidaten aus dem Lager des rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden Stefan Stritter hat es entgegen allen Ankündigungen nicht gegeben. „Wir hätten keine Mehrheit gehabt“, sagen Stritter-Vertraute gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.

Bei sechs ungültigen Stimmen und zwei Enthaltungen votierten 93 der 161 anwesenden Delegierten für Schlierer, 60 machten ihr Kreuz bei Winkelsett.Das Ergebnis habe ihn schon „angenehm überrascht“, sagt Schlierer der JF. Schließlich habe er im Vorfeld der Abstimmung wenig „agitieren“ können, sei zudem beruflich stark beansprucht worden.

Doch wie ein Sieg dürfte sich die Abstimmung nicht anfühlen. „Diese Veranstaltung ist ganz sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig“, bemerkt der Parteichef dann auch während der Tagung in der Alfred-Fischer-Halle. Ein Delegierter brachte die Stimmung im Saal mit einem Satz auf den Punkt: „Das ist hier alles nur zum Verzweifeln.“

Schon zu Beginn des Parteitags kommt es zum Eklat. Der Bezirksvorsitzende von Südwestfalen Arnd Schubeus spricht in seinem Grußwort vom „Niedergang unserer Partei“. Und davon, daß der Name Republikaner „verbrannt“ sei. Erste Buh-Rufe ertönen.

Als später das Lager um den rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden Stefan Stritter eine Resolution zur Zusammenarbeit mit der bisher von Schlierer und Winkelsett strikt abgelehnten Pro NRW einbringt, kommt es zur offenen Feldschlacht, in der Rolf Schlierer sich scharfe Kritik über seine Amtsführung gefallen lassen muß. Er wirke amtsmüde, heißt es von einigen Delegierten.

Zu wenige Impulse seien von ihm ausgegangen. Hinzu kommen kontinuierlich sinkende Wahlergebnisse. „Natürlich sind Sie nicht allein dafür verantwortlich, aber in einem Fußballverein trägt auch der Trainer die Verantwortung und kann nicht seinen Co-Trainer für Mißerfolg heranziehen“, meint ein Delegierter. „Im Gegensatz zu mir kann ein Trainer sich seine Spieler einkaufen“, kontert Schlierer und weist auf einen Mangel an qualifiziertem Personal in der Partei hin.

Stundenlang zieht sich der Streit durch die Tagung. Phasenweise ist die Bürgerbewegung Pro NRW mehr Thema als die Republikaner selbst. Einige aus dem Stritter-Lager fordern offen eine Fusion. „Wer sich isoliert, begeht politischen Selbstmord“, meint Stefan Stritter mit Blick auf die bisherige Ablehnung Schlierers gegenüber Gesprächen mit der Pro-Bewegung. „Welchen Posten hat man Ihnen denn versprochen, damit Sie hier für Pro die Werbetrommel rühren?“ provoziert einer der Delegierten den rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden.

Dessen Lager greift vor allem Schlierers Stellvertreterin und NRW-Landesvorsitzende Ursula Winkelsett an. Zahlreiche Mitglieder ihres Verbandes seien längst zu Pro übergelaufen, viele Mandate seien nach der Kommunalwahl im vorigen Jahr verlorengegangen. Winkelsett widerspricht, bezichtigt ihre Kritiker der Lüge. Unterdessen bewegt sich Schlierer auf Stritter zu, ist jetzt plötzlich doch zu Gesprächen mit der Pro-Bewegung bereit. Ein Schachzug, durch den sich der Stuttgarter seine Wiederwahl sichert.

In einer Resolution sprechen sich die Delegierten schließlich für eine „Zusammenarbeit der demokratischen Rechten“ aus. Man wolle die Auseinandersetzungen der Vergangenheit beenden, um einen „Neuanfang der demokratischen Rechten in Deutschland möglich zu machen“. Lediglich von der NPD wollen sich die Republikaner weiter klar distanzieren. „Von denen trennen uns Welten“, sagt Rolf Schlierer.

„Tief enttäuscht“ sei er von Winkelsett gewesen. Weil er erst aus einer E-Post seines Schatzmeisters Ralf Goertz erfahren habe, daß seine bisherige Stellvertreterin gegen ihn kandidieren wolle. „Frankreich liebt den Verrat, aber nicht den Verräter“, soll Schlierer trotzig zurückgeschrieben haben.

Ursula Winkelsett wiederum ist von Schlierer enttäuscht, weil er sie über seinen Kurswechsel in der Pro-Frage im unklaren gelassen habe. „Ich kandidiere, um ein Signal zu setzen“, sagt sie. Und weil sie ein Auseinanderbrechen der Partei verhindern möchte. Nach ihrer Niederlage sollte die gebürtige Kölnerin eigentlich wieder Stellvertreterin werden. Doch nach Beratung mit ihrem Landesverband erklärte sie mit Tränen im Gesicht ihren Verzicht auf das Amt.

„Die Chemie zwischen uns ist zur Zeit nicht gut“, räumt Schlierer gegenüber der JF nach der Wahl des neuen Bundesvorstandes ein. Und noch eine Personalie könnte für die Zukunft problematisch werden. Neben Johannes Gärtner und Detlev Stauch wird künftig Stefan Stritter als Stellvertreter Schlierers fungieren. „Ich möchte integrieren und ihn stärker in die Arbeit einbinden“, meint Schlierer. Doch ob sich Stritter derart einbinden lassen wird, daß er seinen Pro-Kurs abschwächt, darf bezweifelt werden.

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