© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/10 09. April 2010

„Die Union ist viel zu nachgiebig“
Schwarz-Grün II: Der Frankfurter Kommunalpolitiker Patrick Schenk über seinen Austritt aus der CDU-Fraktion, die Grünen und den Linkstrend der Union
Marcus Schmidt

Herr Schenk, mit Ihrem spektakulären Austritt aus der CDU-Fraktion in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung haben Sie die schwarz-grüne Koalition gesprengt. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Schenk: Im wesentlichen gab es drei Gründe: das desaströse Erscheinungsbild der Berliner Koalition nach der gewonnenen Bundestagswahl und die Situation hier in Frankfurt wo die Grünen ihre Politik deutlich besser verkaufen können als die Union. Zudem gab es auch Signale aus der Partei, die politische Arbeit mit mir nicht fortsetzen zu wollen.

Warum wollte man mit Ihnen nicht weitermachen?

Schenk: Weil ich Problemfelder, die schwierig in der Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner waren, immer direkt und unverblümt angesprochen habe. Etwa die Integrationspolitik: Wir haben immer auch die Notwendigkeit der Assimilation der Ausländer hervorgehoben. Heute haben wir uns  dem Duktus der Political Correctness verschrieben und reden nur noch davon, daß sich Menschen mit Migrationshintergrund integrieren sollen. Ihnen wird keinen Ansporn mehr gegeben, sich zu assimilieren, sondern angeboten, ihre eigene Kultur zu behalten. Das ist eine ganz andere Politik als die, mit der die CDU ursprünglich gestartet ist.

Haben Konservative wie Sie in der CDU noch eine Heimat?

Schenk: Wenn Konservative in der Union noch eine Zukunft hätten, hätte ich sie nicht verlassen. Wobei Frankfurt noch einen ganz besonderen Hintergrund hat. Frankfurt war und ist immer eine liberale, freiheitliche Stadt gewesen mit keiner großen konservativen Säule, wenn man von Erika Steinbach absieht.

Die Sie in die Politik geholt hat und die im Streit um das Vertriebenenzentrum auch in der eigenen Partei einen schweren Stand hatte.

Schenk: Das ist auch einer der ganz wesentlichen Faktoren gewesen, die bei mir das Faß zum Überlaufen gebracht haben. Frau Steinbach stand in ihrem Kampf um einen Sitz im Stiftungsrat des Vertriebenenzentrums ziemlich auf verlorenem Posten. Viele von der Basis haben sie zwar unterstützt, aber von der politischen Führung hat Frau Steinbach wenig Unterstützung erhalten. Das fand ich keinen guten Stil.

Eine Reihe unzufriedener CDU-Mitglieder hat sich auch aus diesem Grund zu der Aktion „Linkstrend stoppen“ zusammengeschlossen.

Schenk: Ich finde diese Aktion außerordentlich lobenswert. Das Problem der Union ist ja, daß sie in Gemeinden, in den Ländern und im Bund mit sehr unterschiedlichen Koalitionspartnern zusammenarbeiten muß: von den Liberalen über die Sozialdemokraten bis hin zu den Grünen. Dadurch wird es natürlich immer schwieriger, konservative Positionen durchzusetzen.

Schwarz-Grün scheint trotz des Scheiterns in Frankfurt für die CDU ein Modell mit Zukunft zu sein.

Schenk: Die Grünen sind, und daran halte ich fest, ein äußerst verläßlicher Koalitionspartner. Aber sie sind auch sehr fordernd. Und die Union ist viel zu nachgiebig. Das ist ein ganz klarer Vorwurf, den man an die CDU und nicht an die Grünen machen muß. Das Beispiel in Frankfurt zeigt, daß die Grünen aus dieser Koalition gestärkt und die Union geschwächt hervorgeht, gerade wenn man sich die Themen Bildung und Familie ansieht. Die Grünen sind ganz eindeutig die Nutznießer einer solchen Koalition.

Sieht man in der Union denn dieses Problem nicht?

Schenk: Hier geht es in erster Linie um den Machterhalt. Wenn sie die Chance haben, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, damit sie wenigstens das eine oder andere durchsetzen können, dann obsiegt dieser pragmatische Gedanke. Und dann gibt man auch schon mal wichtige Ziele auf, etwa das dreigliedrige Schulsystem.

Wohin wird dieser Weg die Union führen?

Schenk: Die CDU hat schon über Jahre hinweg konservative Wähler verloren, und es ist trotzdem nichts passiert. Ich habe daher große Sorge, daß die Union die Zeichen der Zeit nicht erkennt. Wenn die Union weiter ihre Positionen dem Zeitgeist opfert, wird sie das gleiche Schicksal erleiden wie die SPD und sich als Volkspartei verabschieden müssen.

Wie sieht es mit Ihrer persönlichen politischen Zukunft aus?

Schenk: Zum jetzigen Zeitpunkt ist meine politische Zukunft mit der Kommunalwahl am 27. März 2011 beendet.

Können Sie sich nicht vorstellen, sich in einer anderen  Partei zu engagieren?

Schenk: Die Frage ist verfrüht, weil ich mir den Schritt, die Union zu verlassen, nicht leicht gemacht habe und natürlich auch ein gewisser Schmerz damit verbunden ist. Immerhin habe ich ja meine jahrelange politische Heimat verlassen.

 

Patrick Schenk (41) ist Rechtsanwalt und Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt am Main. Er ist der Sohn des 2006 verstorbenen Co-Moderators des „ZDF-Magazins“ und JF-Kolumnisten Fritz Schenk.

 

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