© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/10 09. April 2010

Adel verpflichtet
Interview: Albrecht Freiherr von und zu Egloffstein über die Zukunft seiner Burg in den Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise
Wolfhard H. A. Schmid

Herr von und zu Egloffstein, Sie waren Oberst der Bundeswehr und nahmen vorzeitig Ihren Abschied. Seither leben Sie auf Burg Egloffstein. In einem langjährigen Kraftakt haben Sie das Anwesen renoviert. Auch der Unterhalt verschlingt viel Geld. Wie schaffen Sie es dennoch, ein solches Anwesen langfristig zu erhalten?

Egloffstein: Mit einer tüchtigen Frau, die sich bereits während der Sanierung durch beträchtliche Eigenleistung bewährt hat! Für den Erhalt haben wir ein Konzept entwickelt, das auf fünf Standbeinen beruht: Solange es geht, setzen wir im wesentlich auf Eigenleistung. Wir sind Gärtner, Hausmeister und Handwerker. Bei letzterem nehmen wir nur bei Bedarf Fachkräfte in Anspruch. In ehemaligen Wirtschaftsgebäuden haben wir attraktive Ferienwohnungen eingerichtet. In eine dieser Wohnungen ragt der Burgfelsen, eine sicher nicht so oft anzutreffende Besonderheit. Wir bieten Burgführungen mit vorher angemeldeten Gruppen. Im Burgbereich und in der Schloßkirche veranstalten wir standesamtliche bzw. kirchliche Trauungen. Dazu haben wir noch etwas Mischwald, aus dem wir zertifiziertes Holz über eine regionale Waldbesitzervereinigung an die Holzverarbeitungsbetriebe in der Umgebung liefern. Infolge von Fehden, Erbteilungen und Verkäufen in den vergangenen Jahrhunderten verfügen wir heute aber nur noch über einen relativ kleinen Grundbesitz.

Billigflüge ins Ausland und neue Freizeitangebote ziehen selbst den gehobenen Mittelstand weg vom Heimaturlaub. Hinzu kommt die Wirtschaftskrise. Bleiben Ihnen da nicht die Feriengäste aus?

Egloffstein: Auch wir mußten unser einwöchiges Aufenthaltsminimum in den Ferienwohnungen an die immer üblicher werdenden Kurzurlaube von zwei bis drei Tagen anpassen, aber wir haben mit der Belegung bisher keine Probleme. Durch Trauungen und Burgführungen konnten wir inzwischen zahlreiche Stammgäste gewinnen.

In einer Welt, in der traditionelle Werte immer mehr an Bedeutung verlieren, lohnen sich da solche in die Zukunft gerichteten Anstrengungen überhaupt noch?

Egloffstein: Diese Sinnfrage haben sich frühere Generationen in deutlich schwierigeren Zeiten vielleicht auch schon gestellt und sich für die Fortführung der Tradition entschieden – ebenso wie wir.

Sie haben einen Sohn und eine Tochter. Wie sehen Ihre Kinder den Besitz?

Egloffstein: Unsere Kinder stellen sich dieser Aufgabe. Natürlich sehen sie in der Übernahme und Erhaltung des Familienstammsitzes auch eine gewisse Belastung. Wir sind jedoch zuversichtlich, daß sie sich in unserem und im Sinne unserer Vorfahren für den Fortbestand einsetzen werden. Beide Kinder unterstützen uns bereits jetzt nach Kräften.

Wie schätzen Sie als Vertreter eines Uradelsgeschlechtes die derzeitige wirtschaftliche Lage in Deutschland ein?

Egloffstein: Nicht so schlecht. Ich bin überzeugt, daß Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern, auch in Europa, immer noch in guter Verfassung ist. Die Nachkriegsgeneration hat diesen Wohlstand aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs aufgebaut. Wir haben nach wie vor genügend Intelligenz und auch in der jungen Generation tüchtige Nachwuchskräfte, die diesen Wohlstand aufrechterhalten werden.

Die in der Finanzkrise durch riskante Geschäfte in die Pleite gerutschten Banken hatten in der Regel eine Gemeinsamkeit: Sie waren von Managern geführt, die nicht persönlich haften mußten – der Aktionär oder häufig zusätzlich auch der Staat (sprich der Steuerzahler) waren die Geschädigten. Ist es angesichts dessen nicht notwendig, daß das Prinzip „persönliche Haftung“ ins Wirtschaftsleben zurückkehrt, wie das ja bei einem Eigentümer-Unternehmer der Fall ist?

Egloffstein: Die Nachkriegsgeneration hatte andere Wertvorstellungen. Selbstverpflichtung, nicht die eigene Person, sondern die Aufgabe stand im Vordergrund. Gerade bei den Banken sind hier die Veränderungen durch zu großes Profitstreben deutlich geworden. Deswegen befürworte ich die Einführung wirksamer Kontrollen, um solchen Auswüchsen entgegenzutreten.

Mit dem Regierungswechsel in Berlin haben viele Unternehmer und Selbständige große Hoffnungen verbunden. Ist die Steuerbefreiung für Hotels mehr als reine Klientelpolitik?

Egloffstein: Das kann ich schlecht beurteilen, da habe ich zu wenig Einblick. Ich vermute, daß man nicht von ungefähr diese Branche herausgegriffen hat.

Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Egloffstein: Meine Hoffnung auf deutlichere Führung und Durchsetzung von angekündigten Konzepten hat sich bisher kaum erfüllt; die Regierung hat aber erst mit ihrer Arbeit begonnen.

Was halten Sie von dem Streit um den Ankauf der Schweizer Steuersünder-CDs?

Egloffstein: Das wenige Geld, das wir haben, haben wir in der Fränkischen Schweiz (die Region um Egloffstein) angelegt. Der Kauf der Steuersünder-Dateien wird zur Abschreckung dienen.

Wie sehen Sie Ihre eigene und die Zukunft des deutschen Adels insgesamt?

Egloffstein: Etwas Grundsätzliches: Seit 1918 ist der Adel kein Stand mehr. Der Name ist Familienname und daher nicht mehr ein Prädikat. Obwohl der Adel keine besonderen Rechte hat, steht er nach wie vor im Blickfeld der Öffentlichkeit. Daraus ergibt sich weiterhin eine besondere Verpflichtung für ihn. Viele Mitbürger erwarten, daß die Träger längerer Namen eine Vorbildfunktion einnehmen.

Welche Aufgaben haben Sie sich für die nächste Zeit gestellt?

Egloffstein: Weiter so wie bisher, solange unsere Kraft reicht.

Der Nobelpreis für Chemie ging 2007 an Gerhard Ertl, der für Physik an Peter Grünberg und der Medizinpreis 2008 an den deutschen Krebsforscher Harald zur Hausen. Alle drei haben sie das weltweit angesehene deutsche Universitätsdiplom gemacht. Die EU hat mit dem sogenannten Bologna-Prozeß aber das US-Bildungssystem mit Bachelor und Master adaptiert. Die Studentenproteste brachten auch die Unzufriedenheit mit dem neuen Bildungssystem zum Ausdruck. Was halten Sie von den Reformen?

Egloffstein: In dieser Frage vertraue ich dem Urteil von Freunden aus dem nahen Umfeld der Universitäten in unserer Region. Ich höre dort nur von allgemeiner Unzufriedenheit mit dem adaptierten Bildungssystem. Besonders fraglich ist auch, ob das Niveau der Ausbildung in den Ingenieurwissenschaften gehalten werden kann.

Foto: Burg Egloffstein in der Fränkischen Schweiz: „Viele Mitbürger erwarten, daß die Träger längerer Namen eine Vorbildfunktion einnehmen“

 

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