© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/10 09. April 2010

Arte lüftet das „Geheimnis der Zwerge“: Schatzsucher auf ihrem Weg durch Nordeuropa
Das Auftreten der Venetianer sorgte für erhebliches Aufsehen
Herdis Helgenberger

Sie sind klein von Wuchs, aber die Geschichte hat ihnen zu mythischer Größe verholfen: die Zwergenmenschen. Als sogenannte „Wichtelmänner“, „Kobolde“ oder „Trolle“ irrlichtern die Winzlinge durch Legenden und Märchen. Unter der Erde sollen sie wohnen, wo sie nach altem Volksglauben sagenhafte Schätze hüten. Und in Deutschland gibt es wohl keine einzige Schrebergartensiedlung ohne ein paar Deko-Exemplare der legendären „Erdbiberli“, wie die Schweizer sie nennen. Meist sieht man sie dort – neben der berühmten Zipfelmütze – angetan mit Spitzhacke und Grubenlaterne stehen.

Die Authentizität der zwergischen Bergmannsmontur ist seit dem Mittelalter historisch verbürgt, denn tatsächlich waren die Kleinstmenschen zu dieser Zeit nördlich der Alpen als Goldschürfer und Schatzsucher unterwegs. Für die „geheime Mission“ dieser im verborgenen operierenden Gesteinsgräber  recherchierte jüngst Regisseur Sven Hartung, den seine Spurensuche in die alpinen Gebirge, zum Harz und – nach Venedig führte.

Die Lagunenstadt war im 16. Jahrhundert eine Großhandelsmacht, „ein Leuchtturm, zu dem die Welt aufblickte“ (Stadthistoriker Alberto Torso Fei). Klar, daß Gold und Edelsteine, die wichtigsten Tauschmittel, in rauhen Mengen benötigt wurden. Zudem brauchte Venedig für die Herstellung seines berühmten Murano-Glases Kobaltstein, um der kostbaren Ware ihre blaue Färbung zu verleihen. Mit der heimlichen Förderung der edlen Steine beauftragte die Stadt Zwerge, weil sie sich wegen ihrer geringen Körpergröße am besten eigneten, durch die engen Schächte im Felsmassiv zu kriechen. Ihre geheime Arbeit, die hierzulande so manchen Zeitgenossen zutiefst erschreckte, war die Grundlage für Venedigs Reichtum und bildet bis heute ein weithin unbekanntes Kapitel europäischer Handelsgeschichte, das Hartungs atmosphärische Doku nun noch einmal zutage fördert.

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