© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/10 16. April 2010

Hand in Hand in die rot-grüne Zukunft
Nordrhein-Westfalen: Rechtzeitig zur heißen Phase des Landtagswahlkampfes schmieden SPD und Grüne ein Bündnis gegen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers
Ansgar Lange

Der Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen geht in die heiße Phase. Die Fronten sind klar: In den vergangenen Wochen hat sich immer deutlicher ein rot-grüner Pakt gegen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) gebildet. Das rot-grüne „Projekt“ soll wieder zum Leben erweckt werden.

Die grüne Spitzenkandidatin Syliva Löhrmann und Landeschefin Daniela Schneckenburger setzen bis zur Landtagswahl am 9. Mai auf die Themen Energiewende, Bildungsreformen und Kommunalfinanzen. Auch die gesamte Bundesführung der Partei will man für zahlreiche Wahlkampftermine in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland einspannen. Umfragen stärken das Selbstbewußtsein der Grünen. Sie können mit einem zweistelligen Ergebnis rechnen. Die Grünen hoffen, daß sie nach den beiden „großen“ Volksparteien und vor FDP und Linkspartei  deutlich drittstärkste Kraft im Düsseldorfer Landtag werden.

Was ihre potentiellen Bündnispartner angeht, geben sie sich äußerst pragmatisch. Als Wunschziel deklarieren die Grünen eine Koalition mit den Sozialdemokraten, doch auch Schwarz-Grün und selbst Rot-Rot-Grün will man nicht ausschließen.

Vielleicht haben Löhrmann und Co. schon vergessen, daß sie in den Jahren 1995 bis 2005 in der gemeinsamen Düsseldorfer Regierungszeit mit der SPD so manche Demütigung einstecken mußten. In der Regel behandeln die Christdemokraten kleinere Koalitionspartner zuvorkommender, als dies die SPD tut – zumal die Sozial-demokraten die Grünen als Fleisch von ihrem Fleische betrachten.

Am Montag wollen die Vorsitzenden von SPD und Grünen in Berlin gemeinsam ihre Pläne für eine rot-grüne Landesregierung erläutern. Neben der SPD-Spitzenkandidatin für NRW, Hannelore Kraft, und der Frontfrau der Landes-Grünen, Sylvia Löhrmann, sollen SPD-Chef Sigmar Gabriel sowie die Vorsitzenden der Grünen, Cem Özdemir und Claudia Roth, den Medien Frage und Antwort stehen.

„Wir kämpfen gemeinsam dafür, daß Hannelore Kraft Ministerpräsidentin einer rot-grünen Koalition wird. Die Chancen dafür stehen gut“, sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der Rheinischen Post. Man will wieder Regierungsfähigkeit demonstrieren, sicher auch mit Blick auf den Bund, wo Schwarz-Gelb in den vergangenen Monaten ein eher unglückliches Bild abgegeben hatte.

Ob die Berliner Initiative und die demonstrative Einigkeit von Löhrmann und Kraft letztlich zum gemeinsamen Erfolg beitragen werden, muß mit einem dicken Fragezeichen versehen werden. Diejenigen unter den CDU-Wählern, die zuletzt mit Schwarz-Grün geliebäugelt haben, dürften von dieser Art des Lagerwahlkampfs eher abgeschreckt werden – zumal nicht ausgeschlossen ist, daß die Grünen und die SPD auch die Linkspartei mit ins Boot holen werden, falls die zur Machterringung nötig sein sollte.

Bei der CDU-Auftaktveranstaltung in Oberhausen erhielten die Redner immer dann den stärksten Beifall, wenn sie vor den Sozialisten oder den Kommunisten warnten, die an Rhein und Ruhr vor den Toren der Macht stünden. Den rot-grünen Pakt dürften bürgerliche Wähler als eine Art Trojanisches Pferd für die Linke betrachten, um in Düsseldorf mitzumischen.

Im Falle eines Wahlsiegs in NRW wollen die Sozialdemokraten über den Bundesrat geplante Steuersenkungen und die Gesundheitsprämie stoppen. Kraft will ebenfalls eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke verhindern. Ansonsten ist die SPD thematisch eher schmalbrüstig – abgesehen davon, daß sie mit ihrem Ruf nach der Einheitsschule einmal mehr für eine Ideologisierung der Schuldebatte gesorgt hat. Daß eine von der SPD gestellte Landesregierung die katastrophale Lage der Finanzen in manchen Kommunen im Ruhrgebiet und Bergischen Land von einem Tag auf den anderen ändern könnte, verkünden rot-grüne Wahlkämpfer wahrscheinlich auch nur wider besseres Wissen.

Als Coup werteten einige Beobachter, daß die SPD-Chefin jüngst verkündete, bei einem Sieg bei der Landtagswahl den DGB-Landesvorsitzenden Guntram Schneider zum Arbeits- und Sozialminister machen zu wollen. Schließlich hat die SPD in NRW besonders unter den Auswirkungen von Hartz IV gelitten. Dabei hat die Union mit Karl-Josef Laumann einen Amtsinhaber aufzubieten, der ebenfalls über das Image eines Arbeiterführers verfügt.

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