© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/10 16. April 2010

Frisch gepresst

Bayerisches. Seine Verse und Geschichten sind auch im bayerischen Fernsehen oder Rundfunk zu hören, seit Jahren hat er seinen Platz unter den Autoren leichter gehobener Unterhaltung gefunden. Gemeint ist der bayerische Autor Oskar Stock, der bei Freunden bayerischer Lebensart längst  kein Unbekannter mehr ist. Mit seinem vor kurzem im Attenkofer Verlag erschienenen neuesten Buch „Hab Sonne im Herzen“ (Herausgegeben von Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung, Straubing 2009, gebunden, 142 Seiten, 10,80 Euro) ist ihm ein weiterer Treffer gelungen. Bekannt als guter Beobachter von Otto Normalverbraucher mit seinen Alltagssorgen und Nöten, aber auch mit seinen kleinen Freuden, schildert Stock seine Mitmenschen in Versen und Prosa so, wie sie mit ihren liebenswürdigen Schwächen eigentlich sind. Seine typische Mischung aus Heiterem und Besinnlichem läßt auch in seinem neuesten Werk eine positive Lebenshaltung erkennen. Dazu gibt es passende Zeichnungen und als Umschlagbild ein Abdruck eines Ölgemäldes  des gegenständlichen Malers Lothar Blank, der ganz in der Tradition der Münchner Schule arbeitet und seit vielen Jahren Mitglied und Juror der traditionellen Münchner Künstlergenossenschaft „Allotria“ ist, die übrigens von Franz von Lenbach gegründet wurde. Das Buch selbst ist ein typischer Oskar Stock – vielleicht wegen der Mischung aus bairischer Mundart und Hochdeutsch nicht jedermanns Sache. Doch sind die Mundartverse so geschrieben, daß auch ein Nichtbayer ihren Inhalt gut verstehen kann.

 

Welträtsellöser. Ein Buch, das unter dem gefällig-harmlosen Titel „Auf dem Weg nach Europa“ dahinsegelt, scheint sich irgendwie in den breiten Strom der „Es ist erreicht“-Werke deutscher Zeithistoriker vom Schlage Heinrich August Winklers einfädeln zu wollen. Diese Erwartung befriedigt der Wälzer von Peter Heinrich Kemp jedoch nicht (Grin Verlag, München 2009, gebunden, 600 Seiten, 39,90 Euro). So etwas wie ein verbindliches politisches „Kernanliegen“ ist allerdings auch nicht unbedingt auszumachen. Das wird dem Leser schnell deutlich, wenn er das fast 200seitige Glossar mustert, das mit seinen ausführlichen Einträgen von „Buddhismus & Faschismus“ über „Kalmücken“ bis zu Analysen über das „Zyklon B“ reicht, reizvoll allenfalls wegen der Nähe zum strafbewehrten 130er-Abgrund des Strafgesetzbuches. Kemp, ein Naturwissenschaftler, der sich in einer Anmerkung als Fachmann gleichermaßen für Toxikologie wie für Schamanismus präsentiert, scheint in diesen Band alles gepreßt zu haben, was er der Welt immer schon einmal mitteilen wollte. Diese so typisch deutsche, wirr tüftlerische Welträtsellöserei geht, höflich ausgedrückt, leider sehr auf Kosten der Lesbarkeit.

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