© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/10 16. April 2010

Die ZDF-Dokumentation „Das Weltreich der Deutschen“: Abenteuer in der Südsee
Ein Platz an der Sonne mit kleinen Schattenseiten
Dennis Feilcke

Misa Telefoni Retzlaff kommt ins Schwärmen, wenn er über die deutschen Kolonialherren spricht: Ja, es herrschte eine „friedvolle Harmonie“, geprägt von gegenseitiger „Anerkennung und Respekt“. Der Vize-Premierminister von Samoa kennt sich aus, denn sein Großvater, der Berliner Postbeamte Erich Retzlaff, baute die ersten 18 Telefone auf der Südseeinsel – daher auch der Zusatzname „Telefoni“. 20.000 Kilometer vom Reich entfernt gründete Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts Schutzgebiete, in denen Milch und Honig flossen. Die Gouverneure Albert Hahl und Wilhelm Solf (Foto) betrieben eine behutsame Kolonialpolitik, indem sie die eingeborenen Häuptlinge von Deutsch-Neuguinea (ab 1884) und Deutsch-Samoa (ab 1900) zu gutbezahlten Beamten des Reiches machten. Plantagen wurden angelegt, Straßen und Schulen gebaut. Auch die zwischenmenschlichen Kontakte florierten. Noch heute haben Tausende von Samoanern deutsche Nachnamen.

Der Platz an der Sonne hat aber auch seine Schattenseiten. Unerträgliche Hitze im Dschungel Neuguineas, Malaria, ein unergründlicher Geistesglaube und Totenkult sowie der traditionelle Kannibalismus machen den Kolonialherren zu schaffen. Einer von ihnen, der deutsche Missionar Pater Matthäus Rascher, wird bei seinem Versuch, die Kannibalen in Neupommern (Neuguinea) zu bekehren, grausam ermordet.

Nichtsdestoweniger hinterließen die wenigen Jahre deutscher Kolonialgeschichte insbesondere auf Samoa einen positiven Nachhall. Auch knapp einhundert Jahre später verehren die Samoaner ihre Vorfahren. Eine von ihnen ist Rosetta Schmidt. Sie besucht oft das Grab ihrer Großeltern und legt auch eine Blume auf das Grab eines unbekannten deutschen Soldaten. „Den besuche ich auch“, erklärt sie, „denn ich bin traurig, wenn ich an ihn denke, weil keiner ihn besuchen kommt.“

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