© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/10 23. April 2010

Aufgeschnappt
Zivilcourage in Wildwest
Matthias Bäkermann

Zivilcourage lohnt sich nicht.“ Der Münchner Uwe W. ist immer noch desillusioniert. „Ich war zuvor ein unbescholtener Bürger. Jetzt hab ich einen Strafbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung“, zitiert den 42jährigen Polsterer am Montag das Boulevard-Blatt tz. Dabei habe er am 10. November 2009 nur zwei Frauen geholfen, die am U-Bahnhof Implerstraße belästigt und angegriffen wurden. Uwe W. beobachtete, wie der betrunkene Savas K. der 48jährigen Grafikerin mit voller Wucht seine Bierflasche an den Kopf schlägt, die 61jährige Begleiterin anschreit, beleidigt und bedroht. Uwe W. kümmert sich sofort um die aus einer Platzwunde Blutende, Polizei und Notarzt werden verständigt. Als sich der betrunkene Täter durch die umherstehenden Schaulustigen schiebt, will Uwe W. den 26jährigen Griechen zurückhalten und ihm seine Bierflasche entreißen. Nach einer kurzen Rangelei schubst er Savas K. schließlich energisch von sich, worauf der Betrunkene (2,0 Promille) ins Gleisbett der U-Bahn stürzt und sich die Hand bricht.

„Das war eine eindeutige Nothilfeüberschreitung“, begründet Amtsgerichtsprecherin Ingrid Kaps gegenüber der JF den im Januar ergangenen Strafbefehl von 40 Tagessätzen à 15 Euro an den Münchner. Dieser sei gut noch bedient, weil Savas K. sich noch viel gefährlicher hätte verletzen können. „Wir leben doch nicht in Wildwest“, kommentiert Kaps Uwe Ws. Aktion. Finanzielle Hilfsangebote von empörten Bürgern leitet dieser inzwischen an die Dominik-Brunner-Stiftung weiter. Brunner stellte sich 2009 schützend vor vier bedrohte Kinder. Seine Zivilcourage bezahlte er darauf mit dem Leben.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen