© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/10 23. April 2010

WIRTSCHAFT
Europäischer Vertrauensverlust
Wilhelm Hankel

Die EU bringt sich um jede Glaubwürdigkeit. Der ersten Euro-Lüge läßt sie weitere folgen. Die erste war, den Deutschen einzureden, der Euro sei eine europäische D-Mark. Das ging schon deswegen schief, weil der Euro Griechenland, Spanien und Portugal Inflationsspielräume eröffnete wie nie zuvor – und man es tatenlos zuließ. Die zweite Lüge ist zu behaupten, der Euro nehme ohne das bankrotte Griechenland (sein Anteil am EU-Wirtschaftspotential liegt unter drei Prozent) unheilbaren Schaden – doch das Gegenteil stimmt. Ohne das griechische Faß ohne Boden und die anderen Club-Med-Länder ginge es dem Euro besser. Die dritte Lüge ist die moralisch fragwürdigste: Man sagt Hilfe für Griechenland und meint Hilfe für die dort risikofreudig engagierten Zocker-Banken.

Bekanntlich sind die Summen von Schulden und Forderungen gleich und bei drohender Konkursgefahr auch die Interessen von Schuldnern und Gläubigern. Beide wollen saniert werden, aber möglichst zu Lasten Dritter! Es wäre ehrlicher und politisch wie ökonomisch klüger gewesen, in den Hauptgläubigerländern (Deutschland, Frankreich, Italien) die Mittel für diese „Bad Banks“ aufzustocken, statt unter dem Etikettenschwindel Euro-Rettung und Konkursvermeidung Griechenlands die EU-Verträge offen zu brechen. Die Ehrlichkeit hätte sich gelohnt: Man hätte die Banken an ihrem selbstverschuldeten Desaster beteiligen können! Jetzt riskiert man das Scheitern der nächsten, genauso vertragswidrigen Pläne für eine Wirtschaftsregierung und nationale Haushaltskontrollen durch eine EU-Bürokratie, die selber zu den skandalösesten Haushältern in ganz Europa zählt. Die Öffentlichkeit ist es leid, in Sachen Europa fortlaufend belogen zu werden. Die EU hat ihren Kredit weit mehr verspielt als Griechenland.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen