© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/10 30. April 2010

Rücksichtslose Kampagne
Bundespräsidentenwahl in Österreich: SPÖ-Kandidat Heinz Fischer mit 78,9 Prozent im Amt bestätigt / FPÖ-Kandidatin Rosenkranz unter ihren Erwartungen
Hans B. von Sothen

An der Wiederwahl des 2004 ins Amt gekommenen Bundespräsidenten Heinz Fischer hatte es während der letzten Wochen keinen realistischen Zweifel gegeben. Der vormalige sozialdemokratische Nationalratspräsident hat es verstanden, von einem unsympathischen SPÖ-Apparatschik zu einer Art lächelnden Vaterfigur zu werden.

78,9 Prozent – ein stolzes Ergebnis, trotz der auf unter 50 Prozent gesunkenen Wahlbeteiligung. Die politische Sozialisation des „roten Heinzi“ war kein Geheimnis: es war ein Mix aus politischer Intrige und Sympathien mit Diktaturen wie der Nordkoreas (er war jahrelang Vize der Gesellschaft für die Förderung der Beziehungen zur Koreanischen Volksdemokratischen Republik). Eine peinliche Hofberichterstattung nicht scheuende Medienkoalition vermied trotzdem jede politische Kritik.

Seine freiheitliche Gegenkandidatin Barbara Rosenkranz durfte mit solcher Rücksicht freilich nicht rechnen. „Alle gegen Rosenkranz!“ titelte treffend das Magazin Profil, als ihre Kandidatur bekannt wurde. „Lichtertanz gegen Rosenkranz“, reimte ein Bündnis von Grünen und SPÖ bis hin zur Muslimischen Jugend und der Israelitischen Kultusgemeinde. Und so geschah es. Rosenkranz wurde aufgestellt, weil der Druck sowohl aus der FPÖ selbst als auch von der Kronen-Zeitung, sie als Kandidatin ins Rennen zu schicken, immer mehr wuchs. Selbst für grobe Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht waren sich die staatstragenden Medien nicht zu schade. Sowohl in der „Qualitätspresse“ wie im Sender ORF tauchten (ähnlich wie bei den Kampagnen gegen Martin Hohmann oder Eva Herman) monoton wiederholte Falschbehauptungen und Zitatfälschungen auf, für die man eine Entschuldigung vergeblich suchte.

All dies war vorhersehbar. Aber eine Kandidatin, die die Unterstützung der Krone besaß, so schien es, hatte echte Chancen. Nicht auszuschließen ist, daß dies bereits bei ihrer Nominierung eine gewisse Rolle gespielt hat; umgekehrt hat man bei der mächtigsten Tageszeitung Österreichs frühzeitig versucht, den parteiinternen Entscheidungsprozeß durch Leserbriefe und Kommentare zu beeinflussen. „Eine mutige Mutter“, schwärmte noch am 1. März Krone-Herausgeber Hans Dichand. „Wählen wir sie, sie wird eine gute Bundespräsidentin für Österreich sein!“

Die „Kronen-Zeitung“ ließ Rosenkranz im Stich

Dann scheint sich jedoch bei der Krone ein interner Aufstand in der Redaktion abgespielt zu haben, über dessen Verlauf nur Ungefähres bekannt ist. Klar scheint lediglich, daß der Vizechefredakteur und Leiter der Wirtschaftsredaktion, Georg Wailand, seinem Chef die Rute ins Fenster gestellt hat. Von „besonders dunklen Tagen“ und vom „Schämen“ sei redaktionsintern die Rede gewesen. Der sonst als loyal geltende Wailand habe Dichand damit konfrontiert, daß angeblich mehrere tausend Abonnenten gekündigt hätten – bei einer täglich verkauften Auflage von etwa 1,5 Millionen zunächst kein Grund zur Beunruhigung. Doch scheinen auch Wirtschaftskreise gedroht zu haben.

Am 5. März überraschte Dichand mit einer Kehrtwende. Der Patron forderte, wieder unter dem Pseudonym „Cato“, Rosenkranz dazu auf, daß sie sich „von allen nationalsozialistischen Gedanken eidesstattlich distanziert“ – alles andere würde sie als Präsidentschaftskandidatin „disqualifizieren“. Das hatte die 51jährige bereits früher getan, dennoch wurde weiter das Gegenteil behauptet, um so die Kampagne gegen sie am Laufen zu halten. Dichands Forderung kam sie umgehend nach (JF 11/10). Genützt hat es ihr am Ende nichts. Dichand ließ Rosenkranz im Regen stehen. Ihr Ergebnis von 15,6 Prozent lag unter den jüngsten FPÖ-Wahlergebnissen. Der dritte Kandidat, Rudolf Gehring, konnte mit 5,4 Prozent hingegen viel mehr als für seine kleine Christlichen Partei (CPÖ) ansonsten üblich verbuchen.

Bemerkenswert ist schließlich vor allem eines: daß Dichand in seinem Erfolgsblatt intern nicht mehr alles im Griff haben könnte. Das ist neu, denn bisher war sein Wort Gesetz. Die FPÖ hatte in der Krone zwar keinen ausgesprochenen Bundesgenossen, und besonders FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegenüber gab man sich stets distanziert. Doch als einziges einflußreiches Medium hatte das Boulevardblatt stets die freiheitlichen Themen wie Asylproblematik, Grenzöffnung, EU-Skepsis oder Familienpolitik ohne Scheu lanciert.

Sollte dieser mediale „Windschatten“ künftig wegfallen – etwa weil der 89jährige Dichand die Linie seiner Zeitung nicht mehr bestimmen kann –, dann wird dies eine der größten Herausforderungen für die Freiheitlichen in ihrer Parteigeschichte sein. Und ein Wahlkampf wie der in den vergangenen Wochen erlebte hat nur eine schwache Vorstellung dessen gegeben, was der FPÖ dann bevorsteht. 

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