© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/10 30. April 2010

Nur eine weitere Einnahmequelle
Finanzpolitik: Die flächendeckende PKW-Maut für alle gibt es längst – als Kraftfahrzeug- und Energiesteuer
Klaus Peter Krause

Die Kanzlerin hat sich im Bundestagswahlkampf 2009 klar gegen eine Pkw-Maut ausgesprochen. Die Unions-Ministerpräsidenten Horst Seehofer und Stefan Mappus reden aber weiter von der Maut – denn wenn der Staat nach noch mehr Geld sucht, taucht auch Totgeglaubtes aus der Versenkung auf. Die Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen wird seit fünf Jahren ernsthaft diskutiert. Das jüngste Ansinnen kommt aus dem Umweltbundesamt (UBA). Unter dem Titel „Pkw-Maut in Deutschland? Eine umwelt- und verkehrspolitische Bewertung“ fordert die Dessauer Behörde, auch für Pkw und Kleintransporter eine Gebühr zu erheben. Vorbild ist die seit 2005 von Toll Collect abgerechnete Lkw-Maut.

Zahlen sollen künftig aber alle Autofahrer auf allen Straßen – also flächendeckend und berechnet nach der gefahrenen Strecke, über Satelliten elektronisch erfaßt. Als Gebühr schlägt das Amt im Durchschnitt drei bis vier Cent je Kilometer vor. Wer im Jahr 10.000 Kilometer fährt, müßte demnach jährlich 300 bis 400 Euro zusätzlich zahlen.

Neuer Versuchsballon zur Abzocke der Autofahrer

Studien sind meist ein Versuchsballon. Wer sie in Auftrag gibt, will testen, wie sie in der Öffentlichkeit ankommt – bei den Autofahrern und ihren Automobilclubs natürlich schlecht. Auch aus der SPD wird Gegnerschaft vorgeführt: Nicht abwegig wirft man der Bundesregierung vor, sie plane die Abzocke der Autofahrer. Schließlich steht die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen bevor. Die hatte auch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) bei seinem prompten Dementi im Blick, obwohl er seine Ablehnung mit dem Hinweis auf den Koalitionsvertrag von Union und FDP begründete. Daher werde eine solche Maut in dieser Legislaturperiode nicht eingeführt. Dennoch sollte man nicht vergessen, daß Ramsauer und auch die FDP schon im Herbst 2009 mit einer Pkw-Maut geliebäugelt haben.

Doch Kanzlerin Merkel hält die Maut politisch nicht für durchsetzbar – wäre sie das, dann würde sie an ihr keinesfalls scheitern, an Finanzminister Wolfgang Schäuble ohnehin nicht. Er hält es für notwendig, darüber nachzudenken, „wie wir unsere Verkehrsinfrastruktur auf Dauer finanzieren“, also noch dafür kassieren, ohne alle Einnahmen auch dafür zu verwenden. Auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen aus dem wahlkämpfenden CDU-Landesverband NRW hat sich von der Maut distanziert. Dabei begründet das ihm unterstellte UBA die Mautempfehlung ausdrücklich mit dem Umweltschutz, dem er sich doch so hingebungsvoll verschrieben hat.

Bisher, so heißt es in der UBA-Studie, decke der Straßenverkehr nicht die gesamten von ihm verursachten Kosten. Dazu werden auch externe Kosten wie Umwelt-, Gesundheits- und Sachschäden als Folge von Luftverschmutzung gezählt. Kosten durch Unfälle und Staus sowie Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm rechnet das UBA ebenfalls dazu. Das sei durch Kfz- und Spritsteuern nicht gedeckt. Selbst die Folgen von Klimaveränderungen werden den Autos als externe Kosten angelastet – obwohl das von den Pkw ausgestoßene Kohlendioxid (CO2) keinerlei Einfluß auf das Klima hat (JF 6/10).

Die internen Kosten (Bau und Unterhalt des Straßennetzes, Verkehrregelung) lassen sich dem Verkehr direkt zurechnen. Dafür gibt der Staat weniger aus, als er an diesbezüglichen Steuern einnimmt. Mit dem Überschuß könnte er externe Kosten decken. Das tut er auch, denn die Steuern unterliegen keiner Zweckbindung, obwohl sie mit den Straßenkosten begründet werden.

Externe Kosten sollen die Pkw-Maut rechtfertigen

Externe Kosten fallen mit dem Autofahren in der Tat an. Aber wenn diese mit der flächendeckenden Pkw-Maut für alle gedeckt werden sollen und in dieser Höhe auch erhoben würden, dann wird davon dem einzelnen geschädigten Bürger mit Sicherheit kein einziger individueller Schaden bezahlt – kein Unfallschaden, kein Stauschaden, kein Gesundheitsschaden, kein Lärmschaden. Hierfür wird der Staat keinen Cent herausrücken. Alle diese Schäden werden die Bürger wie bisher selbst bezahlen müssen – die Maut-Begründung mit den externen Kosten ist nichts weiter als politischer Lug und Trug.

Die andere Begründung für die flächendeckende Pkw-Maut lautet, sie werde für jeden gefahrenen Kilometer fällig: Wer viel fährt, zahlt viel; wer wenig fährt, zahlt wenig. Das sei verursachungsgerechter. Das UBA sieht diese Maut als „Übergang von einer Steuerfinanzierung zu einer Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur“. Aber mit der gegenwärtigen Energie- und Ökosteuer zahlt der Autofahrer schon immer verursachungsgerecht, für jeden gefahrenen Kilometer. Eine Nutzerfinanzierung geschieht mit dieser Steuer längst, und damit gibt es faktisch die Pkw-Maut schon. Nur erhebt sie der Staat über den Benzin- und Dieselpreis, und das ist viel billiger als über ein zusätzliches Mautsystem. Ein solches einzurichten, verursacht unnötige Kosten.

Warum also das eingespielte System von Kfz- und Energiesteuer aufgeben? Nur weil der Staat einen neuen Dreh sucht, die Autofahrer noch mehr zu schröpfen? Dann wäre es einfacher, die ohnehin schon hohe Spritsteuer noch weiter anzuheben – und zwar ohne daß Zusatzkosten entstehen. Rund zwei Drittel des Benzinpreises bestehen schon heute aus Steuern und Abgaben.

Zwar soll nach UBA-Vorstellungen die erst 2009 „ökologisch“ reformierte Kraftfahrzeugsteuer entfallen, wenn die Pkw-Maut erhoben wird. Aber selbst wenn das so käme – der Verdacht, daß es auf eine Zusatzabgabe hinausläuft, ist nicht unbegründet: Von einnehmendem Wesen waren Staat und Fiskus schon immer. Und politische Versprechungen wurden schon oft gebrochen.

Die UBA-Studie „Pkw-Maut in Deutschland? Eine umwelt- und verkehrspolitische Bewertung“ steht im Internet unter www.umweltdaten.de

Foto: Schlagloch mit Heftpflaster: Zwei Drittel des Benzinpreises entfallen schon auf Steuern und Abgaben

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