© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

Unterhauswahl in Großbritannien
Hoffnungsloser Patient
von Jörg Fischer

Auf Deutschland übertragen hätten Union und FDP mit 56 Prozent der Mandate einen Kantersieg errungen. Ohne lästigen Bundesrat könnten sie nun „durchregieren“. Doch die Union ist nur bedingt mit den euroskeptischen Tories von David Cameron zu vergleichen. Die EU-freundlichen Liberaldemokraten von Nick Clegg stehen in sozialen Fragen links von der FDP. Zudem sind Koalitionsregierungen im Vereinigten Königreich von begrenzter Haltbarkeit.

Und die Hinterlassenschaften von dreizehn Jahren Labour-Regierung sind schrecklicher als jene von sieben Jahren Rot-Grün und vier Jahren Schwarz-Rot: Mit einem Haushaltsdefizit von 11,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bewegt sich das weitgehend deindustrialisierte Großbritannien in griechischen Gefilden. Für dieses Jahr sind 12,6 Prozent prognostiziert. Die gesamten britischen Staatsschulden werden bis 2011 wohl auf über 88 Prozent des BIP anschwellen. Die Bank of England hat im Zuge der Weltfinanzkrise kapituliert und Staatsanleihen aufgekauft, um eine Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. Die Inflation steigt. Auch die Privathaushalte sind hoch verschuldet.

Die Euro-Krise lenkt von der Pfund-Krise ab. Die Finanzmärkte setzen zwar auf Cameron – daß er wirklich eine Gesundung des britischen Patienten bewirken kann, ist aber unwahrscheinlich.

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